Heiligenberg

Vom Hohentwiel wie vom Arenaberg aus, vom Bodensee und Rhein und von den Alpen aus ist Heiligenberg sichtbar, das durch mannigfache mittelalterliche Kunst berühmte Schloß des Fürsten zu Fürstenberg. Was heute diesen Namen führt, ist teils im 13., teils im 16. Jahrhundert entstanden; vorher stand die Burg der Grafen von Heiligenberg eine halbe Stunde westwärts, gegenüber einer Keltenfeste, auf einem Hügel, der, nach allerlei Funden zu schließen, vielleicht das Grab eines keltischen Häuptlings in sich schließen dürfte. *)

Über die Entstehung dieses "Alt-Heiligenberg" erzählt Thomas Lyrer von Rankweil: Zur Zeit der Kaiserin Helena kam ein Edelmann aus Trier. Diesen bat die Kaiserin, daß er in deutsche Lande zöge und ihr eine Stätte erwählte, wo sie einen Teil der Heiligtümer aus Palästina hinsenden könnte, daß sie verehrt würden. Emerius, aus dem Geschlecht der Marpach in Trier, war willig, zog aus und besah sich manchen Ort. Zuletzt kam er in Schwaben auf einen Berg, der ihm recht gefiel. Hier baute er eine Kapelle zu Ehren des heiligen Kreuzes. Dann zog er wieder zu Helena und sagte ihr, was er in Schwaben gefunden und geschaffen hätte. Die Kaiserin bat ihn, auch zu suchen, ob jemand auf dem Berg seine Wohnung nehmen wolle. Da antwortete er: "Könnt ich mit einigem Nutzen Euch zu Ehren sein, so wollt ich selbst hinziehen mit Weib und Kindern, denn es mir außermaßen allda wohlgefällt." Dafür sagte sie ihm Dank. Er möge sich nur rüsten. Bald gab Helena dem Emerius ein großes Stück vom heiligen Kreuz, von Krone, Säule, Geißel, Rute und von dem Essigschwamm, dann Teile vom Haar Maria und von dem Mantel und dem Schleier, von Jesu Spottkleid und von dem Stein, auf dem er betete am Ölberg; und sie gab ihm sonst mancherlei Heiligtum und viel Gut an Gold und Silber. Mit all den heiligen Sachen zog Emerius wieder aus und baute sich auf dem Berg in Schwaben eine schöne Wohnung und Feste. Als er gebaut hatte, kam ein jämmerlicher Siechtag in die Welt, so daß die Leute nur niederfielen und viele starben. Auf einem Feld am tiefen See wohnte zur Zeit eine heilige Frau namens Clareta. Dieser besagte ein Traumgesicht, daß die Krankheit ein Ende nähme, wenn die Menschen auf den neuen Berg pilgern wollten. Von da an war großer Zulauf zum Berg, der samt Feste jetzt der "Heiligberg" genannt wurde, wie die Söhne des Emerius den Namen derer "von Heiligenberg" führten, die unter dem Volk viele Zinspflichtige und Untertanen bekamen.

Dies Emporkommen der Heiligenberger war aber Zweien ein Dorn im Auge. Mit viel Streitbaren zogen sie am zwölften Tag des März vor den heiligen Berg. Vier Tage schon lagerten sie vor der Burg. Da wurde alles Volk mit Blindheit geschlagen. Auf Frau Claretas Rat schlössen die Belagerer jedoch Frieden, wurden zu den Heiligtümern geführt und durch deren Segenskraft von Stund an wieder sehend. Zum Dank übergab der eine der feindlichen Herren seine Tochter dem Sohn des Emerius, der Alban hieß, zur Frau, indessen Emerius für diesen Sprößling die Burg Waldsee baute.

*) Der Name Heiligenberg kommt schon in Urkunden des 10. Jahrhunderts vor.

Quelle: J. Waibel und Hermann Flamm, Badisches Sagenbuch. Abt. 1: Sagen des Bodensees, des oberen Rheintals und der Waldstädte. Freiburg 1898, S. 168 - 171