EINE FRAU SAGT, WENN SIE SCHLOTTERT, MÜßTE SIE BEI DEM PFAFFEN LIEGEN

Ein Pfaffe in einem Dorf hatte große Kundschaft in eines Bauern Haus, in seiner Pfarrei. Er ging auch mehr der Bäuerin zulieb in das Haus, als um die Kinder zu lehren, das Vaterunser zu beten. Und eines Tages, als er wußte, daß der Bauer abwesend war, ging er in das Haus der Bäuerin, die er eben fand, ein Mus oder Haferbrei essen. Da sagte er zu ihr: »Bäuerin, schau und verschütte nichts, sonst mußt du bei mir liegen.« Als die Bäuerin das hörte, verschüttete sie einen Löffel voll Mus auf den Tisch, damit der Pfaffe Ursache habe, sie weiter anzutasten. Und da der Pfaffe sah, woran es der Frau lag, nahm er sie bei dem Arm und legte sie auf die Bettstatt, die in der Stube stand. Was er da mit ihr machte, weiß ich nicht, ich bin nicht dabeigewesen. Nun saß aber ein kleines Büblein auf dem Tisch, das mit der Bäuerin Mus gegessen und alle Worte gehört hatte, die der Pfaff mit der Frau geredet hatte, und es sah auch wohl, was für seltsame Abenteuer mit ihr in dem Bettlein geschahen. Aber da es von nichts wußte, kümmerte es sich nicht darum, sondern es aß für sich und paßte auf, daß es nichts verschüttete, sonst mußte es auch bei dem Pfaffen liegen. Da kam der Bäuerin ihr Mann, den aber die Bäuerin, eh er nach Hause kam, gesehen hatte, und sie versteckte den Pfaffen im Stubenofen. Sie setzte sich an den Tisch und fing an zu essen in gleicher Weise, als wäre sie nie aufgestanden. Und der Bauer, der hungrig war, nahm einen Löffel und aß weidlich. Da sagte das Kind, das für seinen Vater Übel fürchtete, zu ihm: »Lieber Vater, schau, daß du nicht schlotterst *), du mußt sonst auch bei dem Pfaffen liegen. Unsere Mutter hat geschlottert, da mußte sie beim Pfaffen liegen.« Als der Mann das hörte, fragte er: »Wo ist der Pfaffe?« Das Knäblein antwortete bald: »Er steckt im Kachelofen.« Die Frau, die wohl wußte, was ihr Mann für ein Kunz war, eilte herbei und sagte: »Lieber Mann, tu ihm nichts, denn er ist ein heiliger Mann. Du sollst deine Hände nicht an heiligem Blut verunreinigen. Aber wenn du solche Schmach, die er dir an mir bewiesen hat, nicht ungerächt lassen willst, so dünkt mich, ist dies der beste Rat, und du kannst ihm keinen größeren Possen tun, als daß du ihm seinen Hut nimmst, so daß er ohne Hut heimgehen muß. Hei, wie werden dann die Leute seiner spotten, wenn er ohne Hütlein geht!« Dieser Rat gefiel dem narrich-ten Jäckel wohl. Er ging an den Ofen und hieß den Pfaffen herausgehen. Der Pfaffe, der beider Rede in der Stube gehört hatte, kroch unverzagt aus dem Ofen. Der Bauer nahm alsbald sein Hütlein und sprach zu ihm: »Ziehet hin, mein Herrlein, also soll man Euch Gesellen tun, die einem bei dem Weibe liegen.« Nun zog der Pfaff ohne sein Hütlein bis an die Tür, und wie er vor die Tür kam, sagte die Frau zu dem Bauern: »Keine größere Schalkheit könntest du ihm jetzt tun, als daß du ihm das Hütlein nachwirfst, damit die Leute es sehen und ihn erst recht verspotten.« Nun war der Guhlemeier auch zufrieden, und er warf dem Pfaffen sein Hütlein zur Tür hinaus. Dessen war der gute, ehrbare Herr wohl zufrieden, und er fand sich nachher sehr oft ohne jede Sorge bei der Frau. Gott gebe, ob sie geschlottert hat oder nicht.

*) schlotterst: verschüttest.


Quelle: Michael Lindener, Rastbüchlein [...] (1558). Hrsg. von Franz Lichtenstein. Tübingen 1883. Nr. 13
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 150