EIN BAUER DANKT FÜR DEN KINDERSEGEN

Ein reicher Graf saß auf einer Grafschaft und hatte etliche hundert Dörfer unter sich. Auf eine Zeit kam ein Schultheiß aus einem Dorf zu ihm und hatte mit ihm zu reden wegen etlicher Sachen, die das Dorf betrafen. Als aber der Bauer bei dem Grafen saß, kam des Bauern Knabe und sagte, er solle eilends heimkommen, denn seine Frau hätte ein Kind bekommen. »Ei«, sprach der Bauer, »wann will sie wohl aufhören! Sie hat mir nun genug Kinder gegeben.« - »Schweig, Mann«, sagte der Graf, »es ist ein Glück, wenn man Kinder hat.« - »Ja, gnädiger Herr«, sagte der Bauer, »Euer Gnaden haben gut davon reden, ich habe des Glücks so viel, daß ich schier nichts mehr in meiner Schüssel zum Essen habe.« Da fing der Graf an zu lachen, schenkte dem Bauern einen Taler und ließ ihn heimziehen.


Quelle: Martin Montanus, Das Ander theyl der Gartengesellschafft (um 1560). In: M. M.: Schwankbücher. Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen 1899. Kap. 11.
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 164