DER AUFTRAG

Der Herr von Rappoltstein hatte einen welschen Knecht, dem gab er einen Habicht. Er sollte ihn dem Herrn von Muntheiß bringen und anzeigen, daß der Herr von Rappoltstein ihm den geschenkt hätte. Der Geck nahm den Habicht, und in der ersten Herberge vergaß er den Handschuh. Wie er aber den Vogel auf der bloßen Hand tragen wollte, schlug der ihm die Klauen in die Hand. Das mochte er nicht erleiden, drehte ihm den Hals um und schlug ihn über die Achsel und zog zu dem Herrn von Muntheiß und sagte: »Gnädiger Herr von Muntheiß, mein gnädiger Herr von Rappelsteiß schickt Euch diesen Habeis.« Der Herr von Muntheiß sah wohl, daß der Habicht tot war, fragte ihn, wie das zugegangen sei, daß der Vogel tot wäre. »Ja«, sagte der Welsche, »gnädiger Herr, er hat mir gemack Kratzel mir auf mein Finger. Ich hab ihm gemack Krag ab.« - »Daß dich die Pest ankomme!« sagte der Herr von Muntheiß und befahl, man sollte ihn vier Tage in den Turm legen. Danach schickte er ihn wieder heim. Der Herr von Rappoltstein fragte ihn, was der Herr von Muntheiß zu dem Vogel gesagt hätte. Der Welsche sagte: »Gnädiger Herr von Rappelsteiß, es hat mir gemack der Habeis Kratzel mir auf mein Finger, ich hab ihm gemack Krag ab und dem Herrn von Muntheiß brockt *).« Der Herr fragte: »Ist der Vogel tot gewesen?« - »Ja, gnädiger Herr von Rappelsteiß.« Da sprach der Herr: »Des müßte dich die Beul und Pestilenz ankommen! Was hat der Herr von Muntheiß dazu gesagt?« - »Gnädiger Herr, er hat mich geleck in finstern Lock wohl vier Tag aneinander.« Der Herr lachte des Narren, ließ ihn zwei Tage in den Turm legen und schickte dem Herrn von Muntheiß einen andern Vogel mit einem andern Diener.

*) brockt: gebracht.


Quelle: Jakob Frey: Die Gartengesellschaft. Das ander theil des Rollwagens [...] (1556). Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen 1896. Kap. 65.
aus: Leander Petzoldt, Deutsche Schwänke, Baltmannsweiler, 2002, S. 144