Christus und der Schuster.

Einstmals war Jesus Christus, als er mit dem heiligen Peter zusammen auf Erden wandelte, sehr hungrig. Sie kehrten drum bei einem alten Schuster ein und baten, dass er ihnen etwas zu essen gäbe.

Der Schuster ging in die Küche, und bald brachte er eine Schüssel Hirsebrei mit Gänseklein, schönes, frischgebackenes Weissbrot und eine Flasche Wein hinein. Jesus und der heilige Peter setzten sich an den Tisch, und da sie sehr hungrig waren, langten sie so fleissig zu, dass, als sie von Tisch aufstanden, nur hie und da ein Restchen auf dem Grunde der Schüssel blieb. Als sie dann weiterziehen wollten, sagte Jesus zum alten Schuster:

"Nun, du armer Mann, weil du mich so gut verpflegt hast, erfülle ich dir drei Bitten; erbitte, was du willst."

Da wünschte der Schuster zum ersten: der Hirsebrei mit Gänseklein und das weisse Brot möge niemals auf seinem Tische ausgehen; zum zweiten: in seiner Flasche gehe der Wein nicht aus. Da läuft der heilige Peter hin zum Schuster, zupft ihn am Kleid, flüstert ihm zu: "Die ewige Seligkeit! die ewige Seligkeit!" Aber der Schuster hörte nicht darauf, sondern als drittes wünschte er sich: dass er ewig leben bleibe.

Jesus Christus erfüllte ihm auch alle drei Wünsche.

Der alte Schuster brauchte nicht mehr zu arbeiten, denn der Hirsebrei mit Gänseklein, das weisse Brot auf seinem Tisch, der Wein in seiner Flasche ging niemals aus. Aber schliesslich wurde er so alt, hutzelte so zusammen, dass er nur noch so gross war wie eine Speckgriebe. Das Leben wurde ihm auf die Dauer sehr langweilig; er versuchte auf alle Weise zu sterben, er hängte sich auf, sprang in einen Brunnen, aber auch da starb er nicht.

Einstmals rafft er sich auf, geht ins Himmelreich, bittet dort am Thor den heiligen Peter, dass er ihn einlasse.

"Es geht nicht," sagt ihm der heilige Peter; "ich habe ja damals gesagt, du solltest die ewige Seligkeit erbitten; du hast nicht auf mich gehört, jetzt kannst du zur Hölle gehen."

Nun gut. Der alte Schuster ging zur Hölle, bat die Teufel, dass sie ihn einliessen; aber die nahmen ihn nicht nur nicht auf, sondern peitschten ihn noch vom Höllenthor fort, sagten, bei ihnen sei kein Platz für ihn, er möge gehen, wohin es ihm gefällt.

Was sollte der alte Schuster nun machen? Er verliess die Teufel, schlich sich von dannen. Neben dem Höllenzaun war ein sehr alter Eichbaum, auf den stieg er und setzte sich auf ein gelbes Blatt. Da es aber schon zum Herbst ging, kam ein kleiner Wind und wehte das gelbe Blatt vom Baum, und das fiel mit dem Schuster zusammen jenseit des Höllenzaunes nieder. So ist der alte Schuster schliesslich in die Hölle gelangt.

Quelle: Elisabet Sklarek, Ungarische Volksmärchen, Leipzig 1901, Nr. 44