DIE GLÜCKLICHEN BRÜDER

Es lebte einmal eine arme Witwe, die hatte drei Söhne, und alle miteinander besaßen nichts als die Hütte, in der sie wohnten, und eine Ziege, die ihnen Nahrung gab. Eines Tages kam die Frau in den Stall, um die Ziege zu melken; da lag das Tier steif und starr auf dem Boden und war tot.

Die arme Frau jammerte laut. "Was soll ich nur anfangen!" schluchzte sie. "Nun muß ich mit meinen Kindern verhungern!" Und in ihrer Verzweiflung beschloß sie, mit ihren drei Söhnen ins Wasser zu gehen, damit sie nicht den qualvollen Hungertod erleiden müßten.

Sie ging mit den Knaben zum Fluß und wollte gerade den jüngsten, ihren Liebling, hineinwerfen, da tauchte aus den Wellen eine blondhaarige Nixe hervor, die sprach zu ihr: "Was willst du deinen Kindern tun, Unselige?"

Weinend klagte die Mutter der Nixe ihr Leid, wie sie ihre Buben nicht mehr satt machen könnte und daß sie sich keinen andern Rat gewußt hätte, als mit ihnen den Tod im Wasser zu suchen. Da hatte die Nixe Mitleid mit ihr, tröstete sie und sagte: "Wenn du mir versprechen willst, von deinem sündhaften Vorhaben abzustehen, dann will ich jedem deiner Söhne etwas schenken, was ihm Glück bringen wird."

Die Mutter versprach alles und dankte der Nixe für ihre Güte. Die aber schenkte dem ältesten Knaben einen Faßhahn, aus dem, so oft man ihn aufdrehte, der köstlichste Wein floß. Dem zweiten gab sie eine Saattasche, die immer voll Samen war; wenn man davon ein Körnchen in die Erde legte, wuchsen gleich drei blanke Taler heraus. Der jüngste aber bekam ein Schwert, mit dem konnte man hundert Köpfe auf einen einzigen Streich abschlagen.

Nun waren sie mit einemmal alle Sorgen los. Der mittlere Junge mußte gleich eine Menge Taler säen, davon kauften sie sich ein steinernes Haus, in dem lebten sie herrlich und in Freuden, aßen vom Besten und tranken den Wein aus dem Hahn des ältesten dazu. Und wenn jemand was dagegen hatte, kam gleich der jüngste und schwang sein Schwert, so daß keiner sich traute, ihnen etwas in den Weg zu legen.

Als die Söhne erwachsen waren, starb die Mutter. Sie betrauerten sie so sehr, daß sie nicht mehr im Hause bleiben mochten, nun, da sie nicht mehr bei ihnen war. So wanderten sie miteinander in die Fremde.

Nach einiger Zeit kamen sie in ein Land, dessen König gerade in großer Not war. Zwei Nachbarkönige bedrohten ihn nämlich mit Krieg, und er hatte zuwenig Soldaten und kein Geld, um neue anzuwerben. Es fehlte ihm auch an Proviant für sein Heer, so daß selbst die wenigen Regimenter, die er besaß, unwillig waren und nicht in den Kampf gehen wollten. Da hatte der König im Lande verkünden lassen, er wolle demjenigen, der ihm aus dieser Bedrängnis helfe, sein halbes Königreich geben und die schönste seiner drei Töchter zur Frau.

Als unsere drei Wanderer das hörten, gingen sie geradewegs zum König und erboten sich, ihm zu helfen. Der eine fing an, Taler zu säen, bis er eine ganze Schatzkammer von Geld beisammen hatte. Nun konnte man Soldaten anwerben und für sie Getreide und Fleisch kaufen. Der andere verzapfte seinen Wein, der war so gut, wie ihn die Landeskinder noch nie getrunken hatten; da kamen die neugebackenen Krieger gleich in die richtige Kampfesstimmung. Der dritte aber ließ sich zum Generalfeldmarschall ernennen und führte die Armee in die Schlacht. So oft er sein Schwert ins feindliche Heer hineinsausen ließ, lagen hundert Mann hingemäht auf dem Feld. Da war der Krieg natürlich bald zu Ende, und man hatte nicht nur die Feinde zurückgeschlagen, sondern die beiden Nachbarreiche dem König erobert.

Der war nun nicht wenig froh. In seiner Dankbarkeit trat er die beiden eroberten Reiche gleich an zwei seiner Retter ab und teilte sein eigenes mit dem dritten. Und jedem der Brüder gab er eine Tochter zur Frau.


Quelle: Die schönsten Märchen aus Österreich, o. A., o. J.,