Der Knabe mit der Wurst

Es war einmal ein Knabe und der hatte für zwei Para eine Wurst gekauft und er hatte sie auf einem Baumast aufgehängt. Da kam die Krähe und haschte die Wurst und flog aufs Dach. .Der Knabe bittet die Krähe und sagt: „Gib mir meine Wurst, mir armem Knaben!" Die Krähe sagt: „Geh zur Bruthenne, nimm ein Küchlein!" Da geht er zur Bruthenne und sagt: „Bruthenne, Bruthenne, gib mir ein Küchlein, damit, ich es der Krähe gebe, damit sie mir die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Die Kluckheune sagt: „Sag der Tenne, sie soll mir eine Handvoll Korn geben!'' Da geht unser Knabe und sagt zur Tenne: „Tenne, Tenne! Gib mir eine Handvoll Korn, damit ich es der Henne gebe, damit sie mir das Küchlein gibt, damit, ich es der Krähe gebe, damit sie mir die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Die Tenne sagt: „Sag dem Besen, er soll mich fegen!" Da geht, unser Knabe und sagt zum Besen: „Besen, Besen! fege die Tenne, damit sie mir eine Handvoll Korn gibt, damit ich es der Henne gebe, damit sie mir das Küchlein gibt, damit ich es der Krähe gebe, damit sie mir die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Da sagt der Besen: „Sage der Ziege, dass sie mich nicht fressen soll!" Da gebt unser Knabe zur Ziege und sagt: „Ziege, Ziege, friss den Besen nicht, damit der Besen die Tenne fegt, damit die Tenne mir eine Handvoll Korn gibt, damit ich es der Henne gebe, damit sie mir das Küchlein gibt, damit ich es der Krähe gebe, damit sie mir die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Die Ziege sagte: „Sage dem Hirten, er soll, mich bewachen!" Da geht unser Knabe zum Hirten und sagt: „Hirt, Hirt, bewache die Ziege, damit sie den Besen nicht frisst, damit der Besen die Tenne fegt, damit die Tenne mir eine Handvoll Korn gibt, damit ich das Korn der Henne gebe, damit mir die Henne das Küchlein gibt, damit ich das Küchlein der Krähe gebe, damit mir die Krähe die Wurst gibt mir armem Knaben!" Der Hirt sagte: „Sag der Alten, sie soll mir Brot, geben!" Da geht unser Knabe zur Alten und sagte: „Alte, Alte, gib mir ein Brot, damit ich es dem Hirten gebe, damit er mir die Ziege bewacht, damit sie den Besen nicht frisst, damit der Besen die Tenne fegt, damit die Tenne mir eine Handvoll Korn gibt, damit ich das Korn der Henne gebe, damit mir die Henne das Küchlein gibt, damit ich das Küchlein der Krähe gebe, damit mir die Krähe die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Da sagte die Alte: „Sage dem Widder, er soll mir den Sauerteig nicht fressen!" Da geht unser Knabe zum Widder und sagte: „Widder! Widder! friss der Alten ihren Sauerteig nicht auf. damit mir die Alte ein Brot gibt, damit ich das Brot dem Hirten gebe, damit mir der Hirt die Ziege bewacht, damit die Ziege den Besen, nicht frisst, damit der Besen die Tenne fegt, damit die Tenne mir eine Handvoll Korn gibt, damit ich das Korn der Henne gebe, damit mir die Henne das Küchlein gibt, damit ich das Küchlein der Krähe gebe, damit die Krähe mir die Wurst gibt, mir armem Knaben!" Und der Widder sagte nichts. Und der Knabe schlachtete den Widder und er aß sein Fleisch. Und der Widder aß den Sauerteig der Alten nicht auf, und die Alte gab dem Knaben ein Brot, und der Knabe gab das Brot dem Hirten, und der Hirte bewachte die Ziege, und die Ziege fraß den Besen nicht, und der Besen fegte die Tenne, und die Tenne gab dem Knaben eine Handvoll Korn, und der Knabe gab das Korn der Henne, und die Henne gab dem Knaben das Küchlein, und der Knabe gab das Küchlein der Krähe, und die Krähe gab ihm die Wurst, ihm, dem armen Knaben!

Anmerkung: Guter Typus des sog. Häufungsmärchens. Diese Art Scherze sind in Albanien sehr beliebt, auch in gebundener Rede als Kinderlieder. Das deutsche Märchen "Der Tod des Hühnchens" (Grimm KHM 80) enthält eine unserer albanischen ganz verwandte Häufungs- und Kettengeschichte.

59. Tsuni me zorin. (Tirana).

Quelle: Maximillian Lambertz, Albanische Märchen und andere Texte zur albanischen Volkskunde, Schriften der Balkankommission, Linguistische Abteilung, Wien 1922, Nr. 59, S. 248 - 251.