Definitionen

Erzählforschung ist eine Richtung der Europäischen Ethnologie / Volkskunde, die sich mit verschiedenen Textsorten, wie Sage, Sage der Gegenwart, Märchen, Legende, Erzählung, Schwank, Witz, Anekdoten und Alltagserzählungen beschäftigt.
Schriftliche Quellen reichen über das Mittelalter zurück.
   
  Sage
 
Sammelbegriff für mündlich überlieferte Erzählungen, deren Realitätsanspruch über dem des Märchens liegt.
- ist eine mündliche Erzählung, die in einem Erzähltext fixiert wird. Diese erweckt den Anschein, die erzählten Vorgänge seien wirklich geschehen und sucht dies durch zeitliche, räumliche und personale Angaben zu belegen. Auch übernatürliche und phantastische Begebnisse werden in der Realität festgemacht und durch Bezugspersonen beglaubigt. Inhaltlich umfaßt sie das breite Spektrum menschlicher Auseinandersetzung mit seiner eigenen und der ihn umgebenden Natur, mit der historischen Realität und der transzendenten Welt. Das mythisch-magische Bewußtsein war zu allen Zeiten neben rationalen Geisteshaltungen gegenwärtig. Nur der Einfluß auf die Gesamtkultur veränderte sich. Aus diesem Bewußtsein erwachsen Sagen, gewissermaßen als Konkretisierungen des Volksglaubens, deren Anstöße aus verschiedenen Richtungen kommen. (Petzoldt, 1999).
Sagen weisen immer eine örtliche Anknüpfung auf.
Ausführliche Definition aus E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens
   
  Sage der Gegenwart (engl. Contemporary Legend, Urban Legend)
 

Die Sage als geglaubte, für wahr gehaltene Erlebnis- und Ereignisgeschichte spielt auch in der heutigen Welt eine bedeutende Rolle im alltäglichen Erzählen.

Auffälliges Merkmal der 'Modernen Sage' ist, daß die Begebenheit (beim mündlichen Erzählen) meistens einem Freund eines Bekannten passiert sei (engl. "friend of a friend" -"FOAF"). Sie tritt genauso in den Medien auf, etwa Tageszeitung oder Fernsehen.

Die 'Modernen Sagen' können gelegentlich einen realen Hintergrund haben, manche sind alte Themen seit dem Mittelalter, manche wandern, lokal adaptiert, rund um die Welt.

Die Handlungsverläufe der Geschichten sind tief in den alltäglichen Erfahrungen des modernen Lebens verwurzelt, drücken gerne Ängste des Alltags aus und beinhalten durchaus auch die Schadenfreude über das, was einem dritten passiert sei und möglicherweise einem selbst auch nicht ganz unangebracht in solcher Situation passieren hätte können.

   
  Märchen
 
abgeleitet vom mittelhochdeutschen (das) "maere", was ursprünglich Nachricht, Botschaft bedeutet. Heutzutage bedeutet es im allgemeinen Sprachgebrauch eine "fabula incredibilis", also eine Erzählung mit Unterhaltungsform. Die Bedeutung des Märchens ist nicht zu unterschätzen, ist es doch diejenige Form von Dichtung, mit der der Mensch am frühesten in seinem Leben in Berührung kommt, was durchaus Einfluß auf die Entwicklung des einzelnen haben kann. Die Märchen sind auch für Erwachsene in immer neue Bereiche eingedrungen und bilden heute die Grundlage einer gigantischen Unterhaltungsindustrie. (Röhrich, 1994)
Ausführliche Definition aus Ludwig Bechstein's Märchenbuch, Leipzig 1853