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Dankbarkeit war des Letzten Worts.
Dankbarkeit für den Schatten dieses Orts. |
#62
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Donawschwabe
Jakob Wolf, *1914 Heimat Alles geht vergessen: Reichtum, Ruhm wie Glück. Was wir einst besessen, sinkt ins Nichts zurück. Nur an einem Orte wob die Heimlichkeit uns der Sehnsucht Pforte über Raum und Zeit. Was wir tun und lassen niemals schwinde sie; Sterne leicht erblassen, doch die Heimat nie. Mag die Welt uns schenken Reichtum, Ruhm und Glück – immer wieder denken wir an sie zurück. Immer wieder hoffen wir der Wiederkehr; stünd' uns alles offen, blieb doch alles leer. Niemand kann verwehren uns der Heimat Glück: nachts im Traum noch kehren wir zu ihr zurück. ******* Alte Bäume versetzt man nicht Als Oma mit nach Deutschland kam, war sie nicht allzu glücklich. Als sie dann Einkauf übernahm, ward sie sogar verdrießlich: "Drei Kilo Krumbere mecht ich hann," sprach sie zu dem Verkäufer. Der sah sie unverständig an. "Ham wir nicht", sagte er in seinem Eifer. "No mecht ich noch e Pund Parteis - "Liebe Frau, soviel ich weiß, führen wir auch dieses nicht." "Do gebt mr hal e Pack Ziwebe", versuchte Oma zu verlangen. "Gerne würd' ich's ihnen geben, doch ... "Er wußt' halt nix damit anzufangen. "Na, gebt m'r halt zwa Stange Krien, die han ich doch im Korb drauß gsiehn." "Sie haben sicher falsch gesehn", warf er ihr oberflächlich hin. "Ich breicht ach Knofl un e Zeller, Grienzeich un Lemoni noch drzu." "Liebe Frau", sprach der schon schneller, "bittschön, lassen's mich in Ruh, Sie sehen ja, ich hab zu tun. Schauen Sie sich im Geschäf erst um, dann werde ich gerne Sie bedienen. Finden Sie nichts, dann rat ich Ihnen: Versuchen Sie's mal um die Ecke, dort finden Sie die Apotheke. Oder gehn's zum Türken nebenan, vielleicht, dass der Ihnen helfen kann." Damit war die Geschicht nicht aus. Den Rest erzählte Oma dann zu Haus: "Ei, hat mr sowas schon mol gsiehn, dass mr im G'schäft gar nix kann krie'n? Ich han doch gsiehn, dass se es han, doch de hintrlischtich Mann, sagt emmer nor: "Das hab'n wir nicht!" oder aach: "Das führ'n wir nicht!" De wollt mr eenfach nix vrkaafe. Umsunsch tät ich em Gschäft romlaafe, hann deutlich gsiehn newr'm Spinat war im Korb ach de Zalat. Ich vrlang drvun, doch der wischti Mann saat, dass se des aach net han, mt sei'm ewich "Hab'n wir nicht!" Do schau ich zornich ehm ins Gsicht un saag ganz schtaat un trcke: "Ei do bleibt doch uf eir'm Zeich hucke!" Quelle: Georg Weiner, Heitere Geschichten aus der Heimat der Donauschwaben, (Verlag der Donauschwäbischen Kulturstiftung - Stiftung des privaten Rechts -, München), München 1997. |
#63
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Sehr schönes Gedicht! Wann ist es ca. entstanden?
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#64
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Hier mal eines meiner Lieblingsgedichte (bin großer Morgenstern-Fan):
Du dunkler Frühlingsgarten, durch den ich wandre jede Nacht, all deine Knospen warten auf ihre junge Pracht. Wie liegst du schwarz und schweigend nun und doch so sonnenbang und -toll! Schon geht der Mond, im See zu ruhn, bald ist die Stunde voll. (Christian Otto Josef Wolfgang Morgenstern) Ich mag es besonders, weil es nicht von bunten Wiesen und trällernden Vögelchen handelt, wie die meisten Frühlings-Gedichte. Beim Lesen des Gedichtes fühl' ich mich selbst wie in einem Garten in einer Frühlingsnacht... |
#65
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Ich weiß nicht genau, wann das Gedicht entstanden ist, nehme aber an, während des 2. Weltkriegs. Damals wurde eine große Zahl von Donaudeutschen aus Jugoslawien vertrieben, weil sie als illoyale Staatsbürger galten. Außerdem hat auch Hitler alle Deutschen zum Verlassen des Landes aufgefordert und versprach ihnen finanzielle Entschädigung, falls sie nach Deutschland oder Österreich kämen.
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#66
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Zu guter Letzt
Als Kind wußte ich: Jeder Schmetterling den ich rette jede Schnecke und jede Spinne und jede Mücke jeder Ohrwurm wird kommen und weinen wenn ich begraben werde Einmal von mir gerettet muß keines mehr sterben Alle werden sie kommen zu meinem Begräbnis Als ich dann groß wurde erkannte ich: Das ist Unsinn Keines wird kommen ich überlebe sie alle Jetzt im Alter frage ich: Wenn ich sie aber rette bis ganz zuletzt kommen doch vielleicht zwei oder drei? Aus der Todesanzeige einer sehr alten Frau (99) Gedicht von Erich Fried - Ulrike |
#67
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ostern ist jetzt schon wieder etwas vorbei, aber gerade um die zeit im frühjahr wenn sich alles nach wärme und frühling sehnt, denke ich immer an dieses gedicht, weshalb es eindeutig zu meinen absoluten lieblingsgedichten gehört!
Osterspaziergang Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes, Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlts im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen! Aus dem hohlen finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden: Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluß in Breit und Länge So manchen lustigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken überladen, Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein! Johann Wolfgang von Goethe |
#68
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Danke fürs Erinnern an Gryphius!-
Hier noch ein Buchtipp: Szyrocki, Marian: Die deutsche Literatur des Barock. Eine Einführung. Rowohlts Deutsche Enzyklopädie. Dieses nun schon alte Taschenbuch besitze ich seit 40 Jahren, immer wieder eine Fundgrube! Lohnt sich evtl. antiquarisch zu erwerben! Darin wird einem die Barocklyrik nahegebracht! - Viele Grüße von Ulrike |
#69
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Zum heutigen Muttertag passend:
Mutter Mitten aus all den fremden Gestalten Plötzlich kamst du auf mich heran Mit den Augen, den tiefen, alten Sahst du mich so innig an Ganz noch das alte Bauernweibchen Die hohe Haube, das bunte Leibchen Und die tausend Runzeln im Gesicht Ich drückte dir die raue Hand Und all die schönen geputzten Damen Die auf und ab die Alleen kamen Vor dir war alles eitler Tand Jakob Kneip entdeckt in der Jahresgabe 1980 der Fa. Hoesch Kneip lebte 1881-1958, Mitglied der "Werkleute auf Haus Nyland" u. des "Rheinischer Dichterbund" Gesammelte Gedichte erschienen 1953 - Ulrike |
#70
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Sachliche Romanze
Als sie einander acht Jahre kannten (und man darf sagen: sie kannten sich gut), kam ihre Liebe plötzlich abhanden. Wie andern Leuten ein Stock oder Hut. Sie waren traurig, betrugen sich heiter, versuchten Küsse, als ob nichts sei, und sahen sich an und wußten nicht weiter. Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei. Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken. Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken. Nebenan übte ein Mensch Klavier. Sie gingen ins kleinste Café am Ort und rührten in ihren Tassen. Am Abend saßen sie immer noch dort. Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort und konnten es einfach nicht fassen. Erich Kästner |
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