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#1
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Der Dortmunder Chronist Detmar Mülher schrieb über das Jahr 1593:
Am 8. Mai wurde auf Befehl des wohlachtbaren Rates auf dem Richthause Henrich Putmann, gen. Frohpiepe, von Menglinghausene gebürtig, auf den Judenturm und Carda Mane auf den Turm hinter St. Catharinen gesetzt. Sie waren Nachbarn und wohnten in der Stubengasse. Puttmann hatte seine Nachbarin als Zauberin angeklagt und deswegen Fuß und Mal halten wollen. Beide wurden am 14. Juni morgens zwischen 4 und 5 Uhr auf den Mühlenteich vor dem Kuckelketor zur Probe auf das Wasser geworfen, Heinrich Puttmann als Kläger und Carda Mane als Beklagte. Heinrich fiel im Wasser zu Boden, Carda schwamm dreimal, zweimal kreuzweise an den Daumen und großen Zehen zusammengebunden, zum dritten Mal losgebunden, gleichwohl blieb sie oben. Carda Mane war hierdurch der Zauberei überführt und kam in den Diebskeller unter dem Rathause. Als am 26 Juni frühmorgens der Scharfrichter in ihre Zelle trat, um sie zum Richtplatz zu führen, fand er sie tot mit gebrochenem Genick. Der Teufel hatte ihr in der Nacht den Hals gebrochen. Sie wurde von dem Racher (Schinder) vor der Westenpforte auf der Rachergrube (Schindanger) begraben. Schrecklich: dies ist eine wahre Geschichte. - Der Schinder beseitigte eigentlich Tierkadaver! Ulrike |
#2
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Diese Zeit war, sowieso eine gnaz schlimme.
Da hat einer den anderen beschuldigt und das ganze unter der Folter, die sowieso niemand aushalten konnte. Keiner traute mehr dem anderen und die Zeugen, die aussagten, waren teilweise sehr zweifelhaft. Tschossi |
#3
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Fortsetzung:
Am 23. Juni desselben Jahres wurde Wessel Kipp wegen Zauberei überzwerch gebunden, auf den Teich geworfen und hat dreimal geschwommen. Am 14. Juli ist er vor dem Westentore an der Richtstätte enthauptet und daselbst begraben worden. Bei seiner Vernehmung vor Gericht bezichtigte er folgende Personen, die er bei den nächtlichen Zaubertänzen auf Kreuzwegen gesehen haben wollte, der Zauberei: 1. die Korte Enne, des Boten Jobsten Potters Weib, 2. die Tribbel Enne, Henrich Tribbelmanns Weib, 3. Drud Krumme, des Tagelöhners Johan Krummes Weib, 4. Enne Kurlemann und 5. die Witwe Reinhold Diffhausen Am 26. Juli wurden von dem Scharfrichter in den Kuckelke-Mühlenteich zur Hexenprobe geworfen: Drude Krumme, Enne Kurlemann und die Tribbel Enne. Diese haben alle drei geschwommen. Am 13. Juli hat sich die Kurlemannsche in dem Turm an dem Windmühlen- berge mit ihrem Schürzentuch, das sie sich in den Mund gestopft, und einem Schnürriemen, den sie sich um den Hals gebunden, selbst erstickt. Sie wurde auf der Rachergrube begraben. Am 2. August wurden die Korte Enne und die Witwe Dieffhausen auf den Teich geworfen und haben beide geschwommen. Am 4. August ist vor dem Westentore die Korte Enne auf der Rachergrube wegen ihrer Zauberei an einem Pfahl geheftet und zu Pulver verbrannt worden. Denselben Tag morgens um 10 Uhr ist die Witwe Dieffenhausen im Diebskeller plötzlich tot zur Erde gefallen, als schon die Richtglocken dreimal geläutet waren und ein wohlachtbarer Rat gleich vom Rathaus nach dem Richthause abging, die Dieffhausen zum Tode zu verurteilen. So ist deswegen der Leichnam auf einer Karre vor das Richthaus gebracht und dann auf der Rachergrube begraben. Als letzte der 5 Hexen fand die Tribbel Enne den Tod. Sie wurde an einen Pfahl gebunden und lebendig verbrannt. Diß gantze Jahr seyn also wegen Zauberei viel hingesetzt und nach Bekenntniß gebrennet und hingerichtet - so der gen. Chronist. Diese Beispiele stehen für viele - auch "Namenlose" - ungeheuerlich und schrecklich, was den Menschen angetan wurde zur Zeit des "Hexenwahns". Sicherlich haben viele Orte solche "dunklen Flecke" in ihrer Geschichte. Vielleicht gibt es aber auch das Gegenteil: Orte, von denen man weiß, daß sie dergleichen nicht mitgemacht haben? Wäre interessant zu hören bezw. hier davon zu lesen! Ulrike |
#4
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Eine Geschichte aus meinem Dorf - auch hier gab es Hexenprozesse.
Bekannter sind die Hexen- und Zaubererprozesse im Raume Riegersburg. Ein politischer Zaubereiprozess Einzelne Grundherren benutzten den Hexenwahn, um ihre Untertanen einzuschüchtern. Um 1670 leisteten die im Dorf Altenmarkt bei Fürstenfeld ansässigen Untertanen den Versuchen des Herrschaftsverwalters Martin Griesperger, neue Abgaben und Dienste einzuführen, erbitterten Widerstand. Einer ihrer Anführer war der Bauer Thomas Kolb. Nachdem Kolb aber 1673 gestorben war, kam es zwischen seiner Witwe Elisabeth und dem Nachbarn Georg Kapfensteiner zu Streitigkeiten. Der Haß des Nachbarn nahm schließlich solche Formen an, dass er Elisabeth Kolb beim Herrschaftverwalter als Hexe oder Zauberin anzeigte. Er behauptete, dass die Witwe eine geröstete Kröte auf ihren Krautacker geworfen hätte, um mit Hilfe dieses Zaubermittels Diebstähle zu verhindern. Zwei Soldatenfrauen hätten dann von diesem Acker Kraut gestohlen und wären erkrankt bzw. gestorben. Der Verwalter benutzte sofort die Gelegenheit, um zwischen die aufsässigen Untertanen einen Keil zu treiben. Er ließ die Witwe festnehmen und in Fürstenfeld einkerkern. Nachdem sie monatelang im Kerker gelegen war, gestand sie, dass sie tatsächlich eine Kröte mit heißem Schmalz übergossen und auf den Krautacker geworfen hätte. Sie bestritt aber jeden Zusammenhang mit der Erkrankung der beiden Frauen, da diese das Kraut von einem anderen Feld gestohlen hätten. Es zeigte sich nun, daß der Prozeß nur ein Vorwand war, um die Familie Kolb einzuschüchtern. Weder Georg Kapfensteiner noch ein anderer Zeuge konnten nämlich den Nachweis erbringen, dass tatsächlich jemand nach dem Genuß der Krautköpfe gestorben war. Das von Griesperger beeinflusste Gericht ordnete nun die Folterung der Frau an. Die Witwe beharrte aber weiterhin auf ihrer Aussage, weshalb sie schließlich vom Vorwurf der Zauberei freigesprochen wurde. Es ist nun auffällig, dass das Gericht nur die ersten Foltergrade anwenden ließ und darauf verzichtete, den Willen der Frau durch schärfere Foltermethoden zu brechen. Der Verwalter hatte aber auch so sein Ziel erreicht. Elisabeth Kolb mußte sich nämlich vor ihrer Entlassung verpflichten, sämtliche Gerichtskosten zu übernehmen und sich an keiner der am Prozeß beteiligten Personen zu rächen. Außerdem mußte sie versprechen, falls neue Indizien gegen sie auftreten sollten, sich sofort dem Gericht zu stellen. Als Sicherstellung mußte sie ihr gesamtes Hab und Gut dem Verwalter überschreiben und noch zwei andere verwandte Bauern als Bürgen stellen. Dies bedeutete nichts anderes, als daß die Familie Kolb wirtschaftlich ruiniert war und der Verwalter der Witwe jederzeit mit der Einleitung eines neuen Verfahrens drohen konnte. (aus: Steirisches Volksbildungswerk (Hrsg.), Steirische Berichte 2/3 87 ) Franz A. Rabl |
#5
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Hallo Ulrike,
Zitat:
Das ist der einzige in Wien bekannte Fall eines Hexenprozesses. LG, Dolasilla |
#6
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Ging man bisher in der Stadt Kamen (Krs. Unna in Westfalen) davon aus, daß
hier keine Opfer der Hexenverfolgung zu beklagen sind, fand sich nun ein Dokument. Der Arzt Johann Weyer berichtete in seiner Schrift: De praestigiis daemonum - Von Teufelsgespenst, Zauberern und Giftbe- reitern ... Lat. 1563/Dt. 1586 von dem Fall der Elsa von Kamen. Sie war Köchin im Kloster Kentrop/Hamm (Zisterzienserinnen) und wurde beschuldigt, die Nonnen vergiftet zu haben. Diese litten an seltsamen "Zuständen". Eine Nonne trat später aus dem Orden aus, heiratete und war plötzlich gesund! Der Hofarzt Weyer glaubte schon damals nicht an die Beschuldigung, er tippte auf "Melancholie", heuer würde man vielleicht auf "ansteckende" Hysterie oder ähnliches kommen, also eher seelisch/nervliche Probleme. Die Hexe und ihre Mutter wurden jedenfalls verbrannt. Der ganze Bericht im Jahrbuch des Kreises Unna, 2008. Ich kann ihn hier nicht vollständig übermitteln. Mir war neu, daß J. Weyer auch ein Gegner des unseligen Zeitgeistes war. Er sah alles aus ärztlicher Sicht! Es ist doch erstaunlich, daß nach so langer Zeit immer noch Dinge aufgedeckt und entdeckt werden, die grausame Justizirrtümer beweisen. - Ulrike |
#7
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Ein weiterer Hexenbericht: 1460 hatte Alheyd Pustekoke, eine junge
Blomberger Bürgersfrau, 45 geweihte Hostien aus der Kirche St. Martin (von der heuer nur noch der Turm steht) gestohlen. Aus Furcht vor Entdeckung warf sie diese dann in den benachbarten Brunnen. Dabei wurde sie beobachtet. Sie kam ins Gefängnis und wurde als Hexe verbrannt. Der "Wunderbrunnen" wurde zum Pilgerort, von dem Wasser erhofften sich viele Menschen Heilung. Es wurde dort eine Kirche und später ein Kloster gebaut, von dem noch die heutige Kirche steht. Die Kirche steht im Lipperland (NRW) am "Seligen Winkel". Dies soll aber nichts mit seelig zu tun haben, sondern von Siel (Wasser) kommen. - Wen es interessiert: www.blomberg-lippe.de Meine Quelle: Artikel in der UK (Ev. Zeitung f. Westf. u. Lippe) Viele Grüße von Ulrike |
#8
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"Hexen-Mythos und Wirklichkeit" Die aktuelle Ausstellung im Hist. Museum
Speyer erklärt u.a. welche gesellschaftlcihe Situation der Nährboden für den Hexenglauben war. Entgegen der allgem. Volksmeinung war die Hexen- verfolgung kein Phänomen des "finsteren" Mittelalters, sondern der frühen Neuzeit. Erst nach der Reformation war die "Hoch"-Zeit der Hexenprozesse. - Ein bekanntes Werk aus dieser Zeit war der" Hexenhammer" des Dominikanerpaters Heinr. Kramer auch Henricus Instiotoris gen. Das Buch wurde in Speyer gedruckt! - 60 000 Prozesse soll es gegeben haben zwischen 15. u. 18. Jahrhundert, die letzte Hinrichtung datiert 1795. - Dies nur ein Auszug aus einem Artikel in "Unsere Kirche", Ev. Wochenzeitung, Nr. 40/09. Wer mehr wissen möchte: Ausstellung in Speyer oder www.hexen.speyer.de Viele Grüße von Ulrike |
#9
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"Wasserprobe" - soll von Papst Eugen vorgeschlagen worden sein, um Hexen und
Zauberer zu überführen: Der Daumen der rechten Hand wurde an die Zehe des linken Fußes, der Daumen der linken an die große Zehe des rechten Fußes festgebunden. Um den Leib wurde ein Seil gebunden, der/die Beschuldigte ins Wasser geworfen. Ging man unter, war die Unschuld bewiesen. Schwamm man oben, war man schuldig. Denn nur der Teufel konnte ein Sinken verhindern. Der Büttel , der das Seil hielt, hatte eine Machtposition! Außerdem konnte natürlich ein Unschuldiger auch ertrinken, wenn man ihn nicht schnell genug hochzog. Dann bekam er ein ehrenvolles Begräbnis. Schuldige wurden verbrannt! Diese Aufzeichnungen fand ich bei einem Onkel (Lehrer), der auch Sagen sammelte. Leider ohne Quellenangaben. In unserem Stadtteil Ergste gab es so einen Zauberer, der der Wasserprobe unterzogen wurde. Der Ort heißt Ögerstein. Die Ergster nennen sich noch "Wülw (f) e", ob nach dem Werwolf oder aus der Römerzeit (Soldaten) bleibt im Dunklen. Sie haben den Wolf im Wappen. - Viele Grüße von Ulrike |
#10
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Eva Kary, bekannt unter ihrem Geburtsnamen Faschauner, war wahrscheinlich die Letzte in Österreich, der ein Hexenprozess gemacht wurde.
Der Tochter eines Malteiner (Maltatal, Kärnten) Bergbauern hat angeblich ihren Gatten Joseph Kary vulgo Hörl am 9. Oktober 1770 mittels Hüttenrauch (Arsenik) vergiftet. Daraufhin wurden vom Landgericht Gmünd in Kärnten Ermittlungen eingeleitet. Von Zeugen schwer belastet, wurde ihr auch Hexerei vorgeworfen. In dem drei Jahre dauernden Prozess gestand sie den Mord unter Folter. Sie wurde zum Tode verurteilt, ein Gnadengesuch lehnte das übergeordnete Gericht in Wien ab. 1773 wurde sie durch das Richtschwert getötet und ihr abgeschlagener Kopf auf dem Galgenbichl mahnend zur Schau gestellt. Über die bei uns so genannte Faschaunerin wurden mehre Bücher geschrieben. Auch sollen angeblich Pläne bestehen, ihr Leben zu verfilmen. Die Künstlerin Gudrun Kargl will den Prozess neu aufrollen lassen. Der Akt über ihren Prozess befindet sich im Landesarchiv Kärnten.
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Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter | Ulrike Berkenhoff | Aberglaube | 43 | 23.01.2013 16:48 |