![]() ![]() ![]() |
#1
|
|||
|
|||
![]()
Servus mitanand,
gestern war ich in einem Museum, da fand ich etwas sehr Interessantes (für mich) über Grenzsteine. Und zwar wurden wohl früher auch "Zeugen" eingegraben, weil Grenzsteine bestimmt öfter mal ein wenig oder auch ein wenig mehr verschoben wurden. Da sah ich dann im Museum diverse Tontäfelchen, aber es sollen auch andere Dinge mit vergraben worden sein, als Zeugen. So zum Beispiel Asche oder Kiesel oder Eierschalen. Kennt ihr Sagen oder Märchen, in denen diese Zeugen vorkommen? Gespannte Grüße von Lisa
__________________
ein stein sprach zu einstein: ich bin auch ein stein |
#2
|
|||
|
|||
![]()
Hallo Lisa,
hier eine Sage aus meinem Wohnort: Der Grenzsteinversetzer In der Schwerter Feldmark setzte vor langen Jahren ein Mann einen falschen Grenzstein und führte einen langjährigen Prozeß darüber, den er auch gewann, weil er falsche Zeugen beigebracht hatte. zur Strafe mußte er nun nach seinem Tode jede Nacht den Grenzstein auf seinen Schultern tragen und damit in der ganzen Feldmark umhergehen. Viele Leute haben ihn schon so gesehen. Der Stein glühte und alle Augenblicke fiel er damit nieder. Aber von sich werfen konnte er ihn nicht, und weil das Feuer des Steines ihn brannte, sprang er wieder auf und eilte weiter, wobei er ächzte und ausrief: Wo soll ich mit dem Grenzstein hin? Wörtl. aus meinem kl. Büchlein: Schwerter Sagen, gesammelt von U. Berkenhoff, erschienen 1998. Restlos vergriffen, habe aber Wolfgang Morscher 1 Ex. geschickt. Es gab hier eine Flubezeichnung: Abergunst, als dort gebaut wurde mochten die Leute den Namen natürlich nicht und die Straße heißt: Auf der Gunst, was natürlich das Gegenteil bedeutet. Viel Spaß weiterhin! Ulrike |
#3
|
|||
|
|||
![]()
Danke Dir!! Im Augenblick braut sich eine Grenzsteingeschichte in meinem Kopf zusammen, werd aber bis Montag warten müssen...
Grüße von Lisa
__________________
ein stein sprach zu einstein: ich bin auch ein stein |
#4
|
|||
|
|||
![]()
Das Thema Grenzsteine und Landvermessung spielt im Volksaberglauben Nordwestdeutschlands eine erhebliche Rolle. Die Landvermesser waren ähnlich abdankten Soldaten eine sehr schlecht angesehene Klientel; sie werden auch mit zahlreichen Spukgeschichten in Verbindung gebracht.
Grenzsteinversetzen war übrigens eine durchaus übliche Straftat, die teilweise schwer nachzuweisen war und die oftmals zu langwierigen Prozessen führte, die teilweise bis vor das Reichsgericht führten. Die Folge war, dass am Ende dieser Nachbarschaftsstreitigkeiten meist das gesamte Vermögen beider Familien durch die Gerichts- und Anwaltskosten aufgebraucht war. Übrigens: teilweise halten sich jahrhundertealte Familienfehden bis zum heutigen Tage. Wer näheres darüber wissen möchte, sollte mal in die sogenannte 'Heimatliteratur' aus der Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts schauen. Interessant ist hierbei vor allem das Werk von August Hinrichs (leider in der für die meisten Nichtnorddeutschen unverständlichen niederdeutschen Sprache). Trotz aller Kritik: Hinrichs ist sehr nah an die Realität des bäuerlichen Lebens in Norddeutschland, wie man es noch bis in die 80er Jahre kennen lernen konnte, herangekommen. Aber ich denke einmal, solche Regionalautoren gibt es auch anderswo. Durch die Sprache waren sie ja von ihrem Bekanntheitsgrad sehr beschränkt - leider. |
#5
|
|||
|
|||
![]()
Servus Niccelausi,
danke für die Antwort!! Schad, dass Du aus einer so anderen Region kommst, sonst könnten wir uns schreiblings zusammentun, Deine Interessen gehen offenbar in eine ähnliche Richtung... Grüße von Lisa
__________________
ein stein sprach zu einstein: ich bin auch ein stein |
#6
|
|||
|
|||
![]()
Da fällt mir ein: eventuell könntest Du etwas dazu bei Ludwig Thoma finden. Meines Wissens hat er einige Reportagen zu dem Thema geschrieben. Leider ist sein journalistisches Werk heute fast in Vergessenheit geraten. Auf jeden Fall hat bei der Landvermessung im vor der Gaußschen Landesaufnahme Betrug und Bestechung eine erhebliche Rolle bei der Landvermessung gespielt. - Gerade habe ich dazu diesen Link bei Google mit den Suchwörtern Grenzstein und Landvermesser gefunden.
Weitere Probleme gab es bei der Aufteilung der Allmenden im 19. Jahrhundert; als die bisherige Gemeinheit der Dörfer aufgeteilt wurde, kam es immer wieder zu Betrugsversuchen, die mehr oder weniger erfolgreich verliefen, auf jeden Fall aber für reichlich Unfrieden in den Dörfern sorgten. |
#7
|
|||
|
|||
![]()
Vielen Dank!!! Vielleicht find ich da ja was beim Thoma, wenn auch die nächste, wirklich gut sortierte Bibliothek ziemlich weit weg ist.
Grüße aus Bayern von Lisa
__________________
ein stein sprach zu einstein: ich bin auch ein stein |
#8
|
|||
|
|||
![]()
In der Innerschweiz sind Sagen über Arme Seelen, welche nach dem Tode wandeln müssen, wegen der Versetzung von Grenzsteinen und Marchen, sowie wegen Holzfrevel, weit verbreitet. Interessanterweise ist dies nicht nur ein modernes Phänomen.
Die Genossenschaftsgemeinde von Stans (CH) in Nidwalden vergibt am 4. April 1725 einer verstorbenen Seele auf dem Wissiberg, dass sie Holzfrevel begangen habe. Ähnlich verfuhr man auch mit Marchsteinversetzer. Erlösen kann man übrigens die Armen Seelen, wenn man auf ihre Frage: "Wo soll der Grenzstein hin", antwortet: "Dort, wo du ihn genommen hast!" (Quelle: Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, von Franz Niderberger) |
#9
|
|||
|
|||
![]()
Gerade habe ich eine Ortssage aus der Wesermarsch gefunden, die L. Strackerjahn im 19. Jahrhundert aufgezeichnet hat:
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Von der Interpretation her würde ich persönlich diese Sagen als Mahnungen ansehen: Wer sich schwerwiegende Sünden hat zu Schulden kommen lassen, die möglicher weise andere über Generationen hin schädigt, wir nach seinem Tode nicht erlöst, sondern erfährt dafür eine schwere Strafe. Der in Flammen stehende Mensch erfährt ungeheure Schmerzen - bis in alle Ewigkeit und man sagt, dass er diese Strafe zurecht bekommen hat und ihn niemand erlösen kann. Gab es früher eine bessere Abschreckung - denn eine Versetzung des Grenzsteines war vor der staatlichen Landesaufnahme mit ihren trigonometrischen Punkten und ihrem standardisiertem Vermessungsnetz, das auf festen Koordinaten beruhte sehr schwer nachzuweisen - und der über Jahre hin erfolgte systematische Landdiebstahl durch Abflügen fast überhaupt nicht. Da war die Prohezeihung der ewigen Qualen nach dem Tode als Abschreckung doch wohl zuweilen ein wirksames Mittel. Noch ein kleiner Hinweis: das ehemalige Großherzogtum Oldenburg ist konfessionell seit dem Reichsdeputationshauptschluss konfessionell zweigeteilt. Als Entschädigung für den seit dem 17. Jahrhundert von Bremer Schiffen erhobenen Weserzoll bei Elsfleth erhielt das Land die Flächen des ehemaligen Niederstifts Münster mit den heutigen Landkreisen Cloppenburg und Vechta - einer heute noch erzkatholischen Region. Während Hude und Ovelgönne zum protestantischen Nordoldenburg gehören, liegt Löningen im katholischen Süden. Geändert von Nicobär (03.03.2006 um 15:36 Uhr) |
#10
|
|||
|
|||
![]()
Nicht zu den Sagen, aber zur realen, außer in Bayern kaum noch lebendigen Tradition der Feldgeschworenen, die Grenzsteine setzen und mittels geheimer Zeichen und Markierungen über die Richtigkeit wachen, hier ein interessanter kleiner Ausstellungskatalog:
http://www.ale-mittelfranken.bayern....eschworene.pdf |
![]() |
Themen-Optionen | |
Ansicht | |
|
|
![]() |
||||
Thema | Erstellt von | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Magische Grenzsteine | volker333 | Magische Orte | 35 | 09.07.2009 01:03 |