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#1
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Mich würde eure Meinung zu einem Thema interessieren, welches die Leute polarisiert: "Anatomische Ausstellungen".
Vor ca. 2 Jahren fand im Deutschen Hygienemuseum (http://www.dhmd.de/neu/?id=188) eine Sonderausstellung als Ergänzung zur ständigen Ausstellung statt, welche diesen Aspekt aufgriff und anatomische Exponate zeigte. Diese Exposition wurde durch die Museumsmitarbeiter wissenschaftlich begleitet, einschliesslich Führungen und Diskussionsveranstaltungen. Aus meiner Sicht eine durchaus akzeptable Art, sich mit diesem gesellschaftlichen Tabuthema auseinanderszusetzen. Derzeit macht die Wanderausstellung "Echte Körper" (www.echtekoerper.de) bei uns Station. Ausstellungsort ist ein vorübergehend leerstehendes Einzelhandelsgeschäft, nur 400 m Luftlinie vom ältesten deutschen Weihnachtsmarkt entfernt. Der äußere Eindruck: schmuddelig, reißerische Plakate, nur auf den "schnellen Gruseleffekt" bedacht. Ich persönlich lehne diese Art des Umgangs mit dem Thema ab. Habt ihr Erfahrungen mit Ausstellungen dieser Art? Wie erfolgt der Umgang mit diesem Thema bei euch? Dresdner
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www.bergbahngeschichte.de |
#2
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Grüß Dich, Dresdner!
Ich konnte vor einigen Jahren eine solche Ausstellung, ich glaube sie nannte sich "Körperwelten", im oberösterreichischen Wels sehen. Wie diese Ausstellung allgemein aufgenommen wurde, kann ich nicht sagen. Meine eigenen Erinnerungen daran sind sehr zwiespältig und ich möchte sie folgend schildern: Die ausgestellten Exponate waren für mich vorerst sehr informativ und auch durchaus mit der notwendigen Würde vor dem menschlichen Körper dargestellt. Ich machte mir allerdings Gedanken über die Herkunft der Körper bzw. Körperfragmente - und manche Organe, durch das Präparat verfremdet erkannte man erst beim zweien Hinschauen; die entsprechenden Texte boten da manchmal so gar keine wirkliche Hilfe. Mir selbst war das kein Problem. Meiner Gewohnheit zur Beobachtung folgend zog ich mich aber in eine Ecke zurück und schaute was passierte. Und es passierte! Manche Besucher waren komplett unvorbereitet und prallten vor den Präparaten von Geschlechtsteilen förmlich zurück; begeitende Jugendliche versuchte man darum herumzulotsen, was natürlich nicht gelang. Besonders schlimm die Situation einer jungen Schwangeren, die sichtlich vorerst nicht begreifend bzw. dies nicht erkennend vor der "9-Monatsreihe" von Embryos stand. Diese lagen nämlich mittels Mikrotom in hauchdünne Scheiben geschnitten sorgfältig aufgereiht da, um die Entwicklung des Körpers ersichtlich zu machen. Als sie den zugehörigen Text las, brach sie in Weinen aus und wurde anschließend vom Gatten, ihrer Mutter und mir raschest aus der Ausstellung geführt, worauf sie draußen zusammenbrach. Einen Krankenwagen wollten sie aber nicht. Ich gab mir noch Mühe, sie dazu zu bringen, zuzustimmen, psychologiesche Hilfe in Anspruch zu nehmen - ich weiß aber nicht ob sie es auch taten. Wir wissen alle, wie das so ist mit Ratschlägen von "Zufallsbekanntschften"! Das Ausstellungspersonal war vollkommen überfordert, wollte nur rasch - unter Hinweis auf Warntexte im Eingangsbereich - die Ruhe wiederherstellen ... Fazit: Ausstellungen dieser Art müssen nicht ALLES zeigen; wo die Grenze zu ziehen ist, kann ich nicht sagen. Ich habe jedenfalls den Eindruck gewonnen, daß viele Details ausschließlich dem Zielpublikum "angehende Ärzte" vorbehalten bleiben sollte. Eine solche Ausstellung sollte keinesfalls frei begehbar, sondern ausschließlich durch Personal geführt und erklärt werden. (Was natürlich die erwarteten Besucherzahlen drastisch reduziert!) Das Ausstellungspersonal muß unbedingt sowohl über das entsprechende Wissen des Ausstellungsthemas verfügen als auch über psychologische Kenntnisse, um klaffende Lücken zwischen "Aufnahmefähigkeit des Besuchers" und "gezeigten Inhalten" rechtzeitig im Vorfeld erkennen zu können - und entsprechend einzuschreiten. Geschriebene Hinweistafeln im Eingangsbereich genügen nicht - die Sensationslust des Einzelnen kombiniert mit der Selbstüberschätzung läßt die eigenen Grenzen dennoch überschreiten! Die Herkunft der Präparate sollte zweifelsfrei und dokumentiert sein. Soweit meine Meinung. Und eine solche Ausstellung werde ich wohl nicht mehr besuchen - nicht alles muß man wissen, nur weil's interessiert .... Liebe Grüße Norbert
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unterwegs mit allen Sinnen ... |
#3
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Als die Ausstellung "Körperwelten" in Hamburg zu sehen war bin ich sie NICHT besuchen gegangen!
Für mich gab es mehrer Gründe: - Ich will und wollte keine gehäuteten, zerschnittenen Menschenkörper und/ oder Teilstücke von menschlichen (und tierischen) Körpern sehen, die "künstlerisch bearbeitet" der Masse zur Schau gestellt werden. - Auch wenn der Eintritt gratis gewesen wäre, hätte ich mich niemals in eine Warteschlange eingereiht, die bis vor das Gebäude hinaus reicht. - Außerdem habe ich eine Reportage über die Vorgehensweise von dem Anatom Gunther von Hagens gesehen, der besonders gerne in arme Länder reist und sich dort interessante menschliche Exemplare in vita aussucht. Er spricht einfach die z.T. behinderten Personen an und will ihnen ihren Körper abkaufen, sodass er sie nach deren Ableben verwenden kann. Dabei hat er wohl einige Favoriten, die partout ihren Körper nicht verkaufen wollen, obwohl sie das Geld dringend bräuchten, und die nun immer wieder auf dem Postweg von ihm belästigt werden... In meinen Augen einfach nur menschenverachtend und niederträchtig - es gehört verboten! Wieso können sich Menschen im 21. Jh immer noch an einem Anatomischen Theater begeistern? Berit |
#4
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Sogar meine Mutter,eine "gestandene " Krankenschwester, mochte sich diese
"Körperwelten" nicht ansehen. - Ein Argument dafür war :diese Menschen haben sich freiwillig verkauft. Manche Künstler haben einen "Freibrief" für Geschmack- losigkeit (gelinde ausgedrückt) - die Fage: warum wird nicht Einhalt geboten? Es muß kein Verbot sein - einfach nicht hingehen. Leider braucht die Masse "Brot und Spiele" d.h. Sensationen (s. big brother u.a.) Bloßstellen und blamieren, sich "angenehm" gruseln usw. - Übrigens war ich in einer Diskussion über Stammzellenforschung. Die Frage: Wann beginnt das Menschenleben und damit das verbriefte Recht auf Menschenwürde? Die geschilderte Embryo Geschichte rührt mich besonders! Allerdings: warum geht eine schwangere Frau in diese Ausstellung. Haben die Menschen denn kein Vorstellungs- vermögen, das Plakat war doch schon abschreckend genug für sensible Zeitgenossen? Ulrike |
#5
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Im 4. Stock des Hauses der Natur in Salzburg sind ebenfalls menschliche Körper, Teile, Föten, etc. ausgestellt. Wenn man etwas intensiver nachdenkt, läuft es einem wirklich gruselig den Rücken hinab. Für mich sind solche Darstellungen auch mit Experimenten des "Tausendjährigen Reiches", die ich in Mauthausen gesehen habe, irgendwie zusammenhängend. Bei mir tauchen Fragen auf wie "Wie weit darf man in solchen Darstellungen in der Öffentlichkeit gehen?"
Das Thema passt irgendwie zum heutigen Feiertag?! far.a |
#6
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Harry |
#7
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Wahrscheinlich ist der Gedenktag 9. Nov. "Greueltaten der Nazis" gedacht,
( grausame Menschenversuche u.a. ) !? Ulrike |
#8
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Ach, ich dachte, wir feiern heute Mariä Empfängnis, und da sind solche kritische Gedanken besonders herausfordernd! Die liebliche Vorweihnachtszeit, mißbraucht durch Kaufwut und Kaufrausch, wird durch diese Problematik von mir besonders hinterfragt.
Ob Genprodukte, Klonlebewesen, Forschung in jede Richtung ... nur um der Wissenschaft zu dienen, sich in künstlerischen Freiheit auszuleben und dabei den Profit im Hinterkopf ... So meine ich, dass es wert ist, gerade in so einer Zeit, an so einem Tag auch diese Gedanken nicht wegzuschieben und warten bis irgendein Gedenktag anbricht - jetzt geht das bei mir besonders tief ins Gewissen. Nachzudenken, wo man selbst betroffen ist, was man in manchen Situationen gemacht hat, wie bequem man mit der Meinung zurückgehalten hat - das trifft mich an so einem Tag besonders tief. far.a |
#9
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Hallo an alle,
ich habe mir vor Jahren mit der ganzen Familie die Ausstellung "Körperwelten" in Oberhausen angeschaut. Die Kinder waren damals 13-14 Jahre alt. Wir wussten allerdings was ausgestellt wurde und haben uns im Vorfeld informiert. Für uns alle war es sehr informativ um nicht zu sagen spannend. Natürlich gehört eine Portion Voyeurismus dazu. Bei uns hat allerdings das Interesse an den Informationen der Ausstellung überwogen. Szenen wie im Horrorfilm oder Weinausbrüche habe ich nicht erlebt. Es war eher still wie in einer Leichenhalle und das Publikum war sehr respektvoll. Es gab da Dinge, die einem im Kopf hängenbleiben. Wie die Raucherlunge, die Fettleber oder das komplette Blutsystem eines Menschen in 3D. Natürlich auch die Frau mit dem Baby. In einer Reportage zu H.Hagen sah ich, dass es genug freiwillige Spender gibt und diese sich auch vorher informieren und genau wissen was mit ihnen nach ihrem Tod passiert. Trotzdem finde ich den Mann unsympathisch und überzogen. (Mein subjektiver Eindruck!) Übrigens meine Frau ist im med.Bereich tätig und war schon bei Obduktionen und etlichen OP's dabei aber sowas hatte sie noch nicht gesehen. Den Kindern hat es nicht geschadet. Im Gegenteil m.M. nach sind sie sich jetzt über die Dinge die in ihnen vorgehen besser informiert. Es gab auch keine kindischen Begleiterscheinungen, vor denen ich am meisten Angst hatte. (Lacher, lautes Geschreie oä) Auch nicht im Anschluss. Ich erinnere mich noch, dass mein Sohn zu mir kam und mich auf ein Organ aufmerksam machte, dass man anfassen durfte. Kurz und gut. Ich habe nichts gegen solche Art von Ausstellungen. Übrigens ich habe einen Organspendeausweis. Aber nicht bei Hagen. Und jetzt fallen alle über mich her. ![]() LG Volker |
#10
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Hallo Volker, warum sollte "man" über eine Familie herfallen, die alles so gut
vorbereitet und vernünftig und kritisch betrachtet? Jeder weiß doch, was er sich zumuten kann und wie sensibel evtl. die Kinder reagieren. Alleine und ohne Erklärungen wäre es für diese vielleicht ein Schock, aber das Beisein der Eltern und nüchterne Erläuterungen nehmen das sensationelle. Vielleicht sollten solche Bildungsstunden kostenlos für Schüler mit pädagogischer Begleitung geboten werden. Da Hagen aber natürlich ein privater Geschäfts- mann ist und die Kosten deckt durch Eintritt (wie hoch?) muß natürlich so betrachtet auch eine auffällige Reklame sein. Alles hat eben zwei Seiten! -Eine besinnliche Weihnachtszeit wünscht Ulrike! |
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