Toplitz-See

Das Aufschnalzen der Fische ist ein Frühlingszeichen. Die Ahorne aber unter der Wand, welche hier in den Grundl-, dort in den Toplitz-See schaut, ragen mit ihren kahlen Ästen noch über klafterhohen Schnee, welcher die Aue zwischen den beiden Gewässern bedeckt. Über den Schnee summen freilich Bienen zum Heidekraut hin, das an der warmen Wand blüht, aber der Weg zum andern See hinüber bietet doch so viele winterliche Schwierigkeiten, daß der Zuruf eines Bauern: "Jetzt mag mer halt so viel hart einü", keiner weiteren Erläuterung bedarf.

Jetzt zieht sich hart um den See ein klafterhohes Schneelager wie eine Mauer. Dieser selbst ist noch von wuchtigem Eis zugedeckt. Nur da, wo neben der Schiffshütte der abfließende Bach das Wasser in einige Bewegung bringt, hat sich ein Halbkreis aufgetan, in welchem wir auf den Grund der freien Flut sehen können.

Das Wasser des Toplitz-Sees hat, von den Bächen angeschwellt, zerstreute seichte Uferstellen überflutet, daß winzige Inseln grauer Grasbüschel aus ihm hervorschauen. Über diese niedrigen Flutungen und die starre Rinde aber erhebt sich ein Kreis von ungeheuren Bergen. Die Sonne, welche noch nicht vermocht hatte, die Eisdecke des Sees zu lösen, schien doch warm, ja wir empfanden ihre Strahlen als Hitze, weil sie von der neben uns starrenden Schneewand insgesamt zurückgeworfen wurden. Wir setzten uns auf einen Felsblock, zogen unsere Vorräte heraus und folgten dem Beispiele des Dachses, welcher diese Mittagsstunden benützt, um seinen Körper der Aprilsonne entgegenzuhalten.

Während wir uns an Licht und Wein labten, begann mein Begleiter, ein Jäger, der seit vielen Jahren in diesen Bergen wohnt, redselig zu werden:

Quelle: Das Österreichische Seenbuch, Heinrich Noë, München 1867, S. 124 - 125.