BADEANSTALT MÜHLAU

Innsbruck, Tirol

einfache kalte Quelle mit Badehaus

Badeanstalt Mühlau, Innsbruck © Dietrich Feil

Badehaus Mühlau
© Dietrich Feil 2. April 2004

Badeanstalt Mühlau, Innsbruck © Dietrich Feil

Badehaus Mühlau
© Dietrich Feil 2. April 2004

Legende:

Hintergrundinformation aus volkskundlicher Sicht:

derzeit kein Badebetrieb!

Mühlau

Will jemand in den Sommermonaten die Tiroler Berge zu seinem Aufenthalt wählen, so ist Mühlau bei Innsbruck wohl einer der empfehlenswertesten Orte. In einer Nische der nördlichen Talwand des schönen Inntales, bei 2000´ ü. d. M. gelegen, läßt es dem Bewohner die Wahl frei, von dem bewegten Leben der nahen Landeshauptstadt so viel als ihm gut dünkt zu genießen oder sich der stillsten ländlichen Zurückgezogenheit zu erfreuen. Die Bahnverbindungen nach dem Süden und Norden und Osten, bald auch nach dem Westen verringern die Beschwerden der Hin- und Herreise, und die klimatischen Vorzüge, die es durch seine Lage vor dem windreichen nahen Innsbruck, mit dem es eine schattige Allee verbindet, behauptet, dürften auch vom ärztlichen Standpunkte ans in manchen Fällen in's Gewicht fallen. Das ausgezeichnete Trinkwasser von 8° R., das in vollen Strömen hier zu Tage tritt, ist ebenfalls nicht zu verachten.

Am westlichen Ende des Dorfes gelegen bietet die Pension und Badekuranstalt des Dr. Schlechter sowohl Gesunden als Leidenden eine empfehlenswerte Unterkunft. Für den müden Alpenreisenden gibt es bekanntlich keine nachhaltigere Erfrischung als - je nach Umständen - temperierte und kalte Bäder, seien es nun Regenbäder oder Halb- und Vollbäder, wie sie diese Anstalt in jeder Art darbietet. Hat man sich auf einer anstrengenden Gebirgstour in einem gemütlichen Rastwinkel des Hochgebirges bei schweißendem Körper einen mehr oder minder ansehnlichen Rheumatismus geholt, so erwarten den lästernden Pilger in dem Badehause auch russische Dampf- oder römisch-irische Luftbäder, die ihm sogleich den Gottseibeiuns vom Genick wegpraktizieren. Ist der Alpenfreund aber mit Familie gesegnet, so brauchen ihn weder Rücksichten auf die allfälligen nervösen Zustände und Anfälle der lieben Ehefrau, noch auf die skrophulösen Leiden eines aus den Kindern abzuhalten, alle Sorgen und Kümmernisse und Beschwerden des Geschäftslebens auf dem naheliegenden Gebirge auszuatmen. Er nehme nur seine Lieben mit nach Mühlau, überlasse die Heilung getrost der Obsorge des Besitzers erwähnten Etablissements, Dr. Schlechter, der mit Kaltwasserkur, Soolebädern, Gymnastik und Elektro-Magnetismus seine Heilzwecke schon zu erreichen wissen wird, und - wandere selbst getrost dem Himmel entgegen auf die Berge!

Prachtvoll ist auch die Aussicht von Mühlau auf die Kette der Zentralalpen. Ebenso liegt es für Ausflüge sehr günstig. Freunden düsterer Schluchten empfehlen wir die Mühlauer Klamm, in die am rechten Ufer des Baches ein leidlicher Weg führt; angenehm ist der Spaziergang nach Weierburg und von da im Zickzack auf die Hungerburg , ebenso der Spaziergang nach Arzl und dem Kalvarienberg mit seiner prachtvollen Übersicht des Inntales. Empfehlenswert ist ferner der Weg über das Mittelgebirge am Weiler Garzan vorüber nach der Ruine Thaur, nur der Steig über die Rumerschlucht ist etwas schwindelig. Kühnere Steiger mögen das Arzleralbl aufsuchen oder in der Arzlerscharte Petrefakten (Chemnizien, Helobien und Korallen) sammeln. Kurz Mühlau verdient Beachtung in jeglicher Beziehung.

P.

Quelle: P., Mühlau, in: Der Alpenfreund, Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und Alt in populären Schilderungen aus dem Gesammtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genußvollen Bereisung derselben. HG Dr. Ed. Amthor, 1. Band, Gera 1870, S. 373 - 374.
Rechtschreibung behutsam neu bearbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht.

Ergänzungen sind gerne willkommen!