MANNERSDORF, Thermalquelle Radegundisquelle

Mannersdorf am Leithagebirge, Niederösterreich

Altes Badehaus,Mannersdorf, Niederösterreich © Harald Hartmann

Altes Badehaus mit Radegundiskapelle, Mannersdorf Niederösterreich
Unter dem Turm entspringt die Radegundisquelle
© Harald Hartmann, August 2008

Wann die Quelle erstmals entdeckt und genutzt wurde, ist unbekannt. In der Umgebung des Ursprungs konnten jedoch hallstattzeitliche und latenezeitliche Funde (Platte, Obere Kirchengasse, Bei den fünf Häuseln) gemacht werden, welche den Schluss zulassen, dass die Quelle bereits mindestens ein halbes Jahrtausend vor Christi Geburt bekannt war. An diese urgeschichtlichen Funde reihen sich römische Überreste aus dem Ortsgebiet (Schloss, Friedhof, Bad), so dass die Annahme nahe liegt, die Quelle sei bereits in römischer Zeit genutzt worden. Hernach aber scheint sie mehr oder weniger in Vergessenheit geraten zu sein. Nachrichten über die Kenntnis der Quelle im Mittelalter gibt ein Inschriftstein von 98 cm Höhe und 70 cm Breite, welcher sich an der linken Seitenwand der ehemaligen Badkapelle befindet. In seiner lateinischen Inschrift berichtet er von der dreimaligen Errichtung der Kapelle. Die Übersetzung der Inschrift lautet: „Zuerst wurde diese Kapelle, wie berichtet wird, von der heiligen Radegund erbaut, welche als Klosterfrau und Königstochter vierzehn Klöster und Kirchen gründete." Nachfolgende Inschrift ist in einem Stein ersichtlich, der nahe der Pforte eingefügt ist und von Dietmarus Motne ausgehauen wurde: "Im Jahre 1340 wurde diese Kapelle zu Ehren der heiligen Radegund unter dem Diener Gottes Johann Posso wiedererrichtet. Hierauf wurde im Jahre 1600 nach Christi Geburt diese Kapelle neuerdings zur Ehre Gottes und zum Lobe seiner jungfräulichen Mutter wiederaufgebaut durch den edlen und gestrengen Herrn Johann Quarient von Raal. Seiner kaiserlichen Majestät Gardeleutnant zu Wien und seiner Gemahlin Brigitta, geborene Frelich." Die beiden unteren Ecken des Steines sind mit Wappen geschmückt. Das linke ist jenes der Familie Quarient von Raal, das rechte, welches einen aufspringenden Hirsch zeigt, ist das Hauswappen des Bades. Es spielt auf die Sage von der Entdeckung des Bades an.

1517 ersuchte Dr. Enzianer Kaiser Maximilian I., das "unerhebt und unerpaut wildpad." zu Mannersdorf am Leithagebirge "aufrichten und erpauen zu dürfen". Der Kaiser gestattete dies noch im seIben Jahr. Über der Quelle befand sich bereits eine kleine Kapelle. Das alte Badehaus um die Radegundiskapelle, der Perlmooserhof, diente von 1517 bis 1786 als Thermalbad. 1742-1750 häufige Besuche Maria Theresias und ihres Gatten. Im Sommer 1750 weilten hier auch die Komponisten Josef Haydn und Ch. W. Gluck, der Haydn der Überlieferung nach damals innere Klarheit über dessen Sendung verschaffte. Nach einem Umbau wurde es 1786 bis 1928 als Drahtzugfabrik verwendet und danach als Wohnhaus. Heute steht dieses schöne Gebäude leer und harrt seiner Revitalisierung.

Legende:

Ein Hirsch wurde an den Hinterläufen verwundet. Er flüchtete und kam an jenen Ort, an dem sich später das Bad Mannersdorf erhob. Hier war der Boden feucht und warm. Das erschöpfte Tier legte sich nieder. Weil ihm die linde Wärme des Ortes wohl tat, hielt es sich gern hier auf. Öfters scharrte es mit den vorderen Läufen die Erde auf. Dadurch entstand eine Grube, in der sich Wasser sammelte. Der verletzte Hirsch badete darin seine Wunde, welche rasch heilte. Das abgemagerte Tier erholte sich zusehends und erlangte eine prächtige Gestalt. Das schöne Tier fiel nach einiger Zeit einem Bauern auf, so dass er ihm nachstellte. Der Schuss streifte den Hirsch und verwundete ihn abermals. Da erinnerte er sich seines Heilerfolges und flüchtete wieder zu der Quelle. Der Bauer ging der Schweißspur nach und sah das Tier in dem klaren Wasser baden. Das Benehmen des Tieres kam ihm merkwürdig vor, so dass er es noch öfters beobachtete. Bald war der Hirsch wieder geheilt. Da entschwand er den menschlichen Blicken. Die Quelle war aber entdeckt und erhielt den Namen "Wildbad".

Wildbad1928, Mannersdorf, Niederösterreich © Stadtgemeinde Mannersdorf

Wildbad Mannersdorf Niederösterreich - Foto aus dem Jahre 1928
© Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge


Hintergrundinformation aus volkskundlicher Sicht:

Die Mannersdorfer Thermalquelle liegt an der östlichen der beiden Thermenlinien, welche das Wiener Becken einschließen. Warme Quellen treten am Fuße des Wienerwaldes, des Leithagebirges und der Hundsheimer Berge zutage. Von all diesen Heilquellen ist die Mannersdorfer am wenigsten warm. Sie weist eine gleichbleibende Temperatur von nur 22,5 Grad Celsius auf. Außerdem hat sie nur geringe mineralische Beimengungen.

Radegundisquelle, Mannersdorf, Niederösterreich © Harald Hartmann

Neues Brunnenhaus der Radegundisquelle im Thermalbad Mannersdorf, Niederösterreich
© Harald Hartmann, August 2008

Das in den Jahren 1986/87 neu errichtete Thermal-Sportbad der Stadtgemeinde Mannersdorf hat seinen Betrieb am 5. Juli 1987 aufgenommen. Die offizielle Eröffnung und Weihe erfolgte am 26.6.1988. Hier sprudelt in einem kleinen verglasten Pavillon die Mineralquelle und speist das Bad. In diesem stehen dem Besucher 800 m² Wasserfläche zur Verfügung. Es gibt ein Kinderbecken, ein Erlebnisbecken mit einer 40m Wasserrutsche, ein fünfbahniges Sportbecken, ein Sprungbecken mitSprungbrett sowie eine große Liegewiese und ein Buffet für die Badegäste.

Quellen:
Gustav Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch, Wien 1955, Bd 2, S. 86
Broschüre Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge, Mannersdorf 2002
Recherche vor Ort

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