Der Hohe Meißner und der Frau Holle Teich / Hessen

© Klaus Kramer

Naturpark Meissner
Lagekarte Naturpark Meissner Kaufunger Wald (Hessen)
Der Frau Holle Teich wird aus Quellen des Meißners gespeist,
welche am Tag rund 3.500 m³ Wasser ausschütten.
© Klaus Kramer, www.klauskramer.de

Der 754 m Hohe Meißner in Hessen ist das Reich der Frau Holle. Als höchster Berg Kurhessens wird er auch "König der hessischen Berge" genannt. Das Basaltmassiv ragt aus mehr als 6oo m über die Ebene des Eschweger Beckens empor. Der älteste schriftlich überlieferte Name des Bergmassivs war Wissener und stammt aus dem Jahr 1195. Diese Bezeichnung geht auf die althochdeutschen Stammwörter wisa=Wiese, wizon=Weisssager oder auch wiz=weiß zurück.

Basalt © Klaus Kramer
Basaltgestein in der Kitzkammer
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In 650 m Höhe, auf der Ostseite des Massivs, liegt in einer Bergsenke der Frau Holle geweihte Teich. Er wird dreiseitig von relativ steil aufragenden Blockhalden mit Mischwald eingeschlossen. Ein halbkreisförmiger 20 m hoher Wall aus Lockermaterial, bestehend aus Steinen und Felsbrocken, sperrt den See zum Berghang hin ab. Die Tiefe des Sees wurde mit 9 m gemessen. Vermutlich handelt es sich um ein eiszeitliches Kar. Der abschließende Wall wäre in diesem Fall eine Endmoräne. Die Gegner der Kar-Theorie führen jedoch an, dass die Schneegrenze in dieser Gegend während der Eiszeit bei nur 700 m gelegen habe.

Eisquelle © Klaus Kramer
Am Fuße eines der "Blockmeere" aus Basaltsäulen entspringt die köstlich schmeckende Eisquelle. Diesen Namen hat die
Quelle wegen ihrer außergewöhnlich niedrigen Wassertemperatur. Das Wasser tritt, selbst an warmen Sommertagen, mit Temperaturen zwischen 1 und max. 2°C zu Tage. Alle übrigen Quellen am Meißner sind dagegen etwa 5-8°C warm.
Die niedrige Wassertemperatur der Eisquelle entsteht durch Verdunstungskälte im inneren der Basaltblockhalden.
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Der Teich wird unterirdisch durch eine 9 Grad kalte Quelle gespeist. Um die Verlandung des Sees zu verhindern, wird heute zusätzlich der Hollenbach eingeleiten. Der Name ‚Hollenteich’ ist seit 1641 schriftlich belegt. Vermutlich geht er auf einen vorchristlichen Kultplatz zurück. Im Teich wurden römische Münzen und Feuersteingerätschaften gefunden.

Frau Holle Teich © Klaus Kramer
Frau Holle Teich (Hessen)
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An den flachen Uferzonen des verwunschenen Sees wachsen Rohrkolben, welche die Wasserfläche immer mehr eingrenzen. An sonnigen Herbsttagen bilden die Waldhänge eine leuchtend bunte Kulisse in warmen Gold- und Brauntönen. Schweben dunstige Nebelschleier über dem Wasser, oder ist der See im Winter mit einer Schneeschicht überdeckt, so werden für den Betrachter wieder die alten Sagen lebendig, die man sich in dieser Gegend von Frau Holle erzählt.

Wegweiser © Klaus Kramer
Hinweistafel "Frau Holle-Teich"

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Der See bildet den Eingang in Frau Holles unterirdisches Reich. Auf dem Grund liegt sich ihr gleißendes Schloss aus purem Silber, umgeben von prächtigen Gärten voller Blumen, Obst und Gemüse. Hier unten wohnen die Ungeborenen.

Jeden Mittag erscheint die schöne junge Frau an ihrem See, um in der Teichmitte ihr Bad zu nehmen. Deshalb nennt man diesen Platz auch ‚Badestube der Frau Holle’ oder ‚Frau Hollen Bad’.

Aus diesem Teich kommen alle kleinen Kinder dieser Gegend. Frau Holle, Hulda oder Perchta waren die Fruchtbarkeit bringenden Quellen geweiht. Im gesamten germanisch-slawischen Raum waren ihr eine Vielzahl Kindlesbrunnen und –teiche gewidmet und nach ihr genannt, aus denen die Ungeborenen kamen.

Als lichte Erdmutter und Göttin der Fruchtbarkeit schenkte Frau Holle den Menschen reiche Ernten. Sie brachte den Feldern den Wachstum bringenden Regen und wenn sie ihre Betten ausschüttelte, den alles zudeckenden Schnee. Erzürnte man sie, brachte sie Unglück und Not über das Land.

Ihr Lieblingsbaum war der Holunderbusch, unter dem man ihr Opfer darbrachte; ihr Lieblingstier die Katze. Diese liebt es an der Rinde des Holunders ihre Krallen zu wetzen. Von der Wurzel bis zur Beere, alles am Holunder ist für den Menschen heilsam. So findet man Holundersträucher noch heute an Scheunen und bei Bauerngehöften.

Wie in dem Märchen von Goldmarie und Pechmarie belohnte Frau Holle die Fleißigen und bestrafte die Trägen und Faulen.

Doch Frau Holle hat auch eine finstere Seite. In den 12 Raunächten zwischen Weihnachten und Dreikönig, führt sie als Göttin des Todes und der Unterwelt an der Seite Wotans die Seelen der im vergangenen Jahr verstorbenen in ihr Reich, damit sie im kommenden Jahr aus dem Teich wiedergeboren werden. 

Nach katholischer Umdeutung fielen ihr und Wotan die Seelen der ungetauft gestorbenen Kinder zu. Die christliche Sicht machte aus der freundlichen Lichtgestalt die hässlich verwarzte, alte, böse Hexe mit langen Zähnen, krummer Nase und zerzaustem Haar. Von Martin Luther wurde sie als Vegetationsdämon verunglimpft.

Nicht weit vom Frau Holle Teich entfernt befindet sich die Basaltformation der Kitzkammer. Man erzählt, dass dem Wanderer hier hin und wieder eine hohe weiße Frau mit einem Schlüsselbund erscheint, die eine Weile stumm neben ihm einhergeht, bis sie dann plötzlich in einer Höhle in der Kitzkammer verschwindet.

Kitzkammer © Klaus Kramer
Die Kitzkammer im Naturpark Meissner Kaufunger Wald (Hessen)
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Auch einem jungen Schäfer aus Hausen sei die weiße Frau erschienen und wollte ihm einen goldenen Schlüssel schenken. Doch den Jungen packte die Angst und er lief so schnell er nur konnte nach Hause. Mit diesem Schlüssel hätte er Frau Holles unterirdisches Reich aufschließen können. Im einem anderen Märchen verwandelte Frau Holle faule und zänkische Mädchen in Katzen und sperrte diese in der Kitzkammer ein.
An der ‚Morgengabe’, am Südhang des Meißners liegen seit undenklichen Zeiten zwei Basaltblöcke – auch Frau Holle Stuhl genannt. Hier soll Frau Holle an schönen Sommertagen in ihrem weißen Kleid gesessen und gesponnen haben. Man sagt: "Wer sich auf diesen Stein setzt, wird gesund."

Hinweistafel © Klaus Kramer
Hinweistafel zur Kitzkammer
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Am Fuß des Meißner befindet sich die Kammerbacher Höhle, auch Hollestein, Hohlstein oder Frau Hollen Höhle genannt. Mit ihrer erstmaligen Erwähnung 1267, ist es die älteste namentlich erwähnte Höhle Deutschlands. Hinter ihrem Eingang öffnet sich ein 40 m x 21 m großer und 8 m hoher Höhlenraum. Im vorderen Bereich liegt ein kleiner Höhlensee, der sich auf gleichem Niveau wie der davor befindliche kleine Hexen- oder Nixenteich befindet. Auch hier handelt es sich wieder um einen alten Kultplatz der Erdgöttin Frau Holle. Das Wasser des Höhlensees galt als schon immer als wunderkräftig. Am zweiten Ostertag kam die Jugend aus der Umgebung, legten Blumen auf den Opferstein und hoffte so, dass Frau Holle ihre Wünsche erfüllte. Bis in die 1920er Jahre badeten in der Mainacht und am Weihnachtsabend Frauen im Höhlensee, wenn sie Kinder wünschten. Und wer sich in der Osternacht zwischen elf und zwölf Uhr schweigend mit dem Höhlenwasser wäscht, soll seine Schönheit lange behalten können. Früher trank man das Wasser auch und nahm es in Krügen mit nach Hause. Der Höhleneingang soll früher sehr niedrig gewesen sein, was an Durchkriechrituale denken lässt.

Märchenwald © Klaus Kramer
Nebelverhangender Märchenwald (Hessen)
Im Bereich des Holle-Teiches findet man auffallend viele skurrile Baumformen
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Frau Hollen Teich, Gebr. Grimm

Auf dem hessischen Gebirg Meißner weisen mancherlei Dinge schon mit ihren bloßen Namen das Altertum aus, wie die Teufelslöcher, der Schlachtrasen und sonderlich der Frau Hollen Teich. Dieser, an der Ecke einer Moorwiese gelegen, hat gegenwärtig nur vierzig bis fünfzig Fuß Durchmesser; die ganze Wiese ist mit einem halb untergegangenen Steindamm eingefaßt, und nicht selten sind auf ihr Pferde versunken.

Frau Holle Teich im Nebel © Klaus Kramer
Frau Holle Teich im Nebel
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Von dieser Holle erzählt das Volk vielerlei, Gutes und Böses. Weiber, die zu ihr in den Brunnen steigen, macht sie gesund und fruchtbar; die neugeborenen Kinder stammen aus ihrem Brunnen, und sie trägt sie daraus hervor. Blumen, Obst, Kuchen, das sie unten im Teiche hat und was in ihrem unvergleichlichen Garten wächst, teilt sie denen aus, die ihr begegnen und zu gefallen wissen. Sie ist sehr ordentlich und hält auf guten Haushalt; wann es bei den Menschen schneit, klopft sie ihre Betten aus, davon die Flocken in der Luft fliegen. Faule Spinnerinnen straft sie, indem sie ihnen den Rocken besudelt, das Garn wirrt oder den Flachs anzündet; Jungfrauen hingegen, die fleißig abspannen, schenkt sie Spindeln und spinnt selber für sie über Nacht, daß die Spulen des Morgens voll sind. Faulenzerinnen zieht sie die Bettdecken ab und legt sie nackend aufs Steinpflaster; Fleißige, die schon frühmorgens Wasser zur Küche tragen in reingescheuerten Eimern, finden Silbergroschen darin. Gern zieht sie Kinder in ihren Teich, die guten macht sie zu Glückskindern, die bösen zu Wechselbälgen. Jährlich geht sie im Land um und verleiht den Äckern Fruchtbarkeit, aber auch erschreckt sie die Leute, wenn sie durch den Wald fährt, an der Spitze des wütenden Heers. Bald zeigt sie sich als eine schöne weiße Frau in oder auf der Mitte des Teiches, bald ist sie unsichtbar, und man hört bloß aus der Tiefe ein Glockengeläut und finsteres Rauschen.

Frau Holle © Klaus Kramer
Frau Holle schaut auf den nach ihr benannten Teich
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Frau Hollen Bad

Am Meißner in Hessen liegt ein großer Pfuhl oder See, mehrenteils trüb von Wasser, den man Frau Hollen Bad nennt. Nach alter Leute Erzählung wird Frau Holle zuweilen badend um die Mittagsstunde darin gesehen und verschwindet nachher. Berg und Moore in der ganzen Umgegend sind voll von Geistern und Reisende oder Jäger oft von ihnen verführt oder beschädiget worden.

Die Wohnung der Frau Holle

Bei Hilgershausen in der Nähe des Bades Sooden erhebt sich in einem Busch verborgen ein steiler Felsen, der Hollestein. Wie der Felsen versteckt liegt, so noch mehr die darin befindliche Höhle, die größte des Hessenlandes, die nur dem Kundigen bekannt ist. Altbemooste Steine führen wie eine wuchtige Treppe zu ihr empor, und vor dem Höhleneingang ruht ein mächtiger Opferstein, über den die Wipfel der Buchen ihre Zweige zusammenschlagen. Die mächtigen, bestaubten Felsblöcke im Innern türmen sich zu einer Tempeltreppe empor, die bis an die riesige Wölbung heranreicht. Unsichtbare Tropfen fallen klatschend auf das Gestein. Das ist die Wohnung der Frau Holle; das ist auch die Stelle, wo das Märchen von der Gold- und Pechmarie spielt.

Märchen der Frau Holle

Sage der Frau Holle als Ehestifterin in Andreasberg


© Klaus Kramer, 16.05.06