KRIECHENPFLAUME (Haferschlehe, Krieche, Spilling, Zipper; Prunus domestica ssp. insititia).

aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932

1. Botanisches. Mit der Pflaume nah verwandter Obstbaum mit schneeweißen (nicht grünlichgelben Blüten) und kugeligen, schwarzvioletten Früchten. Die Kriechenpflaume wird besonders in Westdeutschland häufig kultiviert, aus den modernen Obstgärten verschwindet sie allmählich 1).

1) Marzell Kräuterbuch 107f.

2. Wie die nahverwandte Zwetschge (siehe dort) erscheint die Kriechenpflaume als Liebesorakel. In der Thornasnacht nach dem Gebetläuten schüttelt man den "Zipperbaum" und spricht:


"Zipperbaum i schüttel di(ch)
Freundeslible (= Feinsliebchen?) rüttl di(ch),
Und wo si werd mei Freundlibla meid'n,
Doa wird a Hündla bell'n" 2).

2) Marzell Bayerischer Volksbote 10; vgl. auch Leoprechting Lechrain 205.

3. Wenn die Kriechenpflaume in der letzten April oder ersten Maiwoche blüht, so ist die Roggenernte noch vor Jakobi 3), oder "so vêl Wêke (Wochen) nâ Wulprecht (1.Mai) de Krekelbom blêgt, so vêl Wêke nâ Jakob ös dat Korn rîp" 4), vgl. Schlehe.

3) Frischbier Naturkunde 320; Treichel Westpreußen VII, 572; Yermoloff Volkskalender 217 .
4) Frischbier a. a. 0.

4. In einer oberösterreichischen Sage befreit ein Handwerksbursche ein Haus dadurch von Nattern, daß er um einen "Kriechenbaum" dürres Holz und Reisig im Kreise legt. In den Kreis stellt er sich und beschwört die Schlangen, nachdem er das Holz angezündet. Diese kommen herbei und verbrennen im Feuer 5), vgl. Esche (S. 2, 999 f.). Die Frucht des "Zibartlibaumes" erscheint in Zwergensagen als eine für besser geachtete Speise 6), vielleicht ein Hinweis auf eine sehr alte Kultur der Kriechenpflaume.

5) Baumgarten Aus der Heimat 1862, 119.
6)Lütolf Sagen 369.


Marzell.