Hexenspruch und Zauberbann
Ein Beitrag
zur
Geschichte des Aberglaubens
in der Provinz Preußen
von
H. Frischbier.
Berlin, 1870.
Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin.
(Adolph Enslin.)
Vorwort.
Grimm sagt in der zweiten Ausgabe seiner "Deutschen Mythologie" (S. 1180): "Eine umsichtige Sammlung der Besegnungsformeln, die zu manchen Aufschlüssen leiten müßte, scheint jetzt (1844) noch nicht an der Zeit, da sie zerstreut und aus dem Munde des Volkes oder den Hexenprozessen erst langsam zu gewinnen sind."
Auch heute, ein Vierteljahrhundert nachdem der große Meister diese Worte schrieb, fehlt nicht nur "die umsichtige Sammlung", - es sind bisher auch beim Ausbau ihrer Grundlage verhältnißmäßig nur wenige Arbeiter thätig gewesen.
Der Grund für diese scheinbare Lauheit liegt nahe: die Zauberformeln und Hexensprüche entziehen sich scheu dem Auge des Forschers und nur durch günstigen Zufall gerathen sie in die Hände des Sammlers.
Die vorliegende kleine Sammlung abergläubischer Formeln und Gebräuche
verdankt ihr Entstehen solch günstigen Fügungen. Wie meine früheren
Arbeiten ist auch sie wesentlich aus dem Material geformt, das mir von
Lehrern, die ja mit dem Volke in unmittelbarster Beziehung und Wechselwirkung
stehen, im Laufe der Jahre bereitwillig zur Verfügung gestellt worden
ist. Daß ich sodann den hierhergehörigen gedruckt vorliegenden
Stoff zur Vervollständigung und Abrundung der Sammlung mit benutzte,
war geboten im Interesse der Sache, welcher das Werk dienen will; die
Schriften, aus denen ich entlehnte, sind stets gewissenhaft angeführt.
Das Büchlein will, wie auf dem Titel angegeben, einen Beitrag zur
Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen liefern; es würde
mich hoch erfreuen, wenn Kenner es in die Reihe der Schriften stellen
könnten, welche die Grundlage bilden helfen zu jener "umsichtigen
Sammlung", von welcher Grimm redet und die, nachdem des Meisters
Hand vom Werke gesunken, von der fortschreitenden Wissenschaft geliefert
werden wird, sollten wir auch noch lange auf sie zu warten haben.
An alle Freunde des Volksthums unserer Provinz wiederhole ich meine oft
ausgesprochene Bitte, mich in der Sammlung der preußischen Volksüberlieferungen
auch ferner freundlichst unterstützen zu wollen. Möchten recht
Viele sich berufen fühlen, durch geeignete Beiträge meine Sammlungen
zu ergänzen und zu erweitern. Zunächst kommt es darauf an, die
Sammlung von Provinzialismen, für
welche ein recht umfangreiches Material bereits vorhanden ist, zum Abschlusse
zu bringen; sodann aber bedürfen auch die
Ansichten und Meinungen des Volkes (der Bauern, Hirten, Jäger,
Fischer) über Thier und Pflanze, wie
über die Natur und ihre Erscheinungen überhaupt, einer
gründlichen Erforschung.
Ich kann mein kurzes Vorwort nicht schließen, ohne den lieben Collegen,
welche mich mit treuer Ausdauer bis jetzt durch ihre Beiträge unterstützten,
für diese Mühwaltung herzlichen Dank zu sagen; namentlich bin
ich den Herren Hilberger in Dönhoffstädt
und Schimmelpfennig in Fischhausen
in dieser Beziehung besonders verpflichtet. Von Letzterem rühren
zahlreiche Beiträge aus dem Samlande und die wesentlichsten Mittheilungen
über den Hirten her. Sodann habe ich noch Herrn Brüß
in Neudorf bei Graudenz besten Dank zu sagen für die aus jener Gegend
mitgetheilten Formeln, die aus dem Wissensschatze des dortigen Hirten
stammen.
Und so sei denn auch dieses Büchlein, das der Herr Verleger so freundlich
ausgestattet, der wohlwollenden Theilnahme aller Freunde des Volksthums
in Heimath und Ferne bestens empfohlen.
Königsberg, 27. Januar 1870.
H. F.
Verzeichnis der Schriften,
welche in Abkürzungen citirt sind.
Hintz - Die alte gute Sitte in Altpreußen. Ein kirchlich-sociales Sittengemälde, aus amtlichen Berichten zusammengestellt von C. G. Hintz, Pfarrer in Pobethen. Königsberg, 1862.
Müllenhoff - Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig etc. Herausgegeben von Karl Müllenhoff. Kiel, 1845.
Pisanski - Von einigen Ueberbleibseln des Heidenthums und Pabstthums in Preußen (Abgedruckt in: Wöchentliche Königsbergische Frag- und Anzeigungs - Nachrichten. Anno 1756.-Nr. 21-25).
Pr. Pr.-Bl. und N. Pr. Pr.-Bl. - Preußische (resp. Neue Preußische) Provinzial-Blätter. Königsberg, 1829 ff.
v. Tettau und Temme - Die Volkssagen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens. Gesammelt von W. J. A. v. Tettau und J. D. H. Temme. Berlin, 1837.
Töppen - Aberglauben aus Masuren mit einem Anhange, enthaltend Masurische Sagen und Mährchen. Mitgetheilt von Dr. M. Töppen. Zweite Auflage. Danzig, 1867.
Vom Aberglauben etc. - Vom Aberglauben, welcher bei dem gemeinen Landvolk anzutreffen ist. Von einem Landpfarrer, Pr. Prov.-Bl. VIII, S. 186 ff. (Die Gegend, aus welcher die Mittheilungen stammen, ist "der kleine Umkreis auf der Landstraße zwischen den Städten A-g.und G-p.," - Angerburg und Goldap).
(Die "Preußischen Sprichwörter" sind nach der zweiten
Auflage, Berlin 1865, angeführt).
Quelle: H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann.
Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen,
Berlin 1870. S. III - VI.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Gabriele U., Juli 2005.
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