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Salzbergwerk Altaussee - Der Berg der Schätze Steinberghaus, Salzbergwerk Altaussee Das Steinberghaus des Salzbergwerkes Altaussee, als Salzbergwerk mindestens seit dem frühen Mittelalter in Betrieb (erste urkundliche Erwähnung als Bergwerk 1319). Anschließend wurden am 10. und 12. April 1945 acht Kisten mit der Aufschrift "Vorsicht! Marmor - nicht stürtzen" (sic) eingelagert, in welchen sich 500 Kilo-Bomben befanden, um das Bergwerk mit den Kunstschätzen zu sprengen.
*) Liste nach Reder 1985. Schon im Sommer 1939 war das Kunsthistorische Museum in Wien aufgefordert worden, sich um geeignete Orte für die Museumsbestände außerhalb Wiens umzusehen. Im Jahr 1942 wurde der ehemalige Reichsjugendführer, Baldur von Schirach, als Reichsstatthalter von Wien zum Chef der Kunstgüterbergung ernannt. Alle Denkmäler, die nicht entfernt werden konnten, wurden mit Schutzmänteln aus Ziegel und Beton umgeben, alle beweglichen Kunstschätze wurden verlagert. Man entschied sich für das Prinzip der so genannten "gemischten Bergungen", das heißt, in jedem Depot lagerten mehrere Institute nur Teile ihrer Bestände. Folgende Bergungsorte werden in einer Liste genannt: Stift Klosterneuburg, Eckartsau, Sierndorf, Schönborn, Sonnberg, Immendorf, Kirchstetten, Niederleis, Weinern, Waidhofen/Ybbs, Dobersberg und Gaaden. Im Jahr 1942, als der Bombenkrieg immer massiver wurde, hatten die Verantwortlichen den Plan, Kunstgüter unterirdisch zu lagern. Die Bergwerke von Hall in Tirol, Hallstatt und Hallein eigneten sich aus verschiedensten Gründen wenig. Dr. Herbert Seiberl, Leiter des Institutes für Denkmalpflege fand im Altausseer Salzbergwerk und seinem konservierenden Klima von konstanten acht Grad Temperatur bei rund 75 Prozent Luftfeuchtigkeit den idealen Ort zur Lagerung wertvoller Gemälde. Die versteckte Lage des Bergwerks, die Einfahrt im so genannten "Steinberghaus" und die vorhandenen, stillgelegten Laugkammern als Lagerräume in großzügigen Dimensionen bei gleichem Horizont (= auf gleicher Ebene) ergaben weitere Vorteile. Karte des Salzbergbaues Altaussee (Ausschnitt) Im so genannten "Springer-Werk", einer Kaverne wurden ab Herbst 1943 1.200 Festmeter Holz und fünf Kilometer Kabel zur Stromversorgung ausgestattet. Der Himmel (=Decke) und die Ulme (=Seitenwände) waren mit Brettern verschalt worden, ein ganzer Wald viereckiger Pfosten stützten den Himmel ab, horzontale Balken bildeten Regale mit schmalen Gassen. Das Lager im Springer-Werk ist mit seinen rohen Regalen im Originalzustand erhalten, ebenso wie einer der großen Tische, an dem die Wiener Kunsthistoriker arbeiteten. Ab Herbst 1943 trafen die ersten Transporte aus Wien ein, später auch Bestände aus dem Stift St. Florian und aus dem Stift Kremsmünster (in Kremsmünster wurde geraubte Kunst aus beschlagnahmten Wiener Kunstsammlungen und Hitlers Kunstsammlung aus dem Führerbau in München gelagert). Ab Jänner 1944 wurde die Sammlung aus dem Führerbau in München, Gemälde für Hitlers Residenz in Posen, Kunstwerke vom Obersalzberg bei Berchtesgaden, die dortige Bibliothek, die Kunstgewerbe-, Münz- und Waffensammlung für das "Führermuseum" im Ausseer Salzbergwerk gelagert. In der letzten Kriegsphase wurden die Bibliotheken des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, die Bestände des kunsthistorischen Forschungsinstituts "Biblotheca Hertziana", Kunstwerke aus der italienischen Abtei Monte Cassino, dem Nationalmuseum in Neapel und aus der Liebfrauenkirche in Brügge eingelagert. Weitere Bestännde waren der Besitz der Familie de Rothschild in Paris, die Sammlungen Weil-Piccard, Levy-Benzion, David Weil, Neumann und Wassermann. Weiters eine große Menge Kisten geraubter Juwelen, die Wandverkleidungen des Millionen- und Vieux-Laque-Zimmers aus Schönbrunn, das Lackkabinett aus Hetzendorf, die Glasgemälde der Burgkirche in Wiener Neustadt, die Tafeln aus Hohenfurth, aus München kam die gesamte Schackgalerie. Viele Kisten blieben unausgepackt, sodass die Kunstlager im Berg bis heute der Hauch eines Geheimnisses umgibt. Der Transport der Kunstwerke erfolgte mit der Bahn bis Bad Aussee und von dort mit Lastautos zum Steinberghaus. Im Winter erfolgte der Transport mit Raupenfahrzeugen. Jeder Zugang zu den einzelnen Bergungswerkern wurde durch schwere, eisenbeschlagene Eichenholztüren verschlossen, die wiederum durch elektrische Alarmvorrichtungen gesichert waren. Allfällig vorhandene weitere Zugänge zum Bergwerk wurden verdämmt und so mit Gebirge verschüttet ("versetzt"), dass es wochenlanger Arbeit bedurft hätte, sich Zugang ins Werksinnere zu verschaffen. Insgesamt standen im Salzbergwerk Aussee, im Salzbergwerk Bad Ischl und im Salzbergwerk Hallein überschlägig berechnet etwa 40.000 m2 abgesicherte Bergungsfläche für Kulturgut zur Verfügung. Im Herbst 1944 stellten die Salinen etwa 100 Mann für die Bergungsarbeiten zur Verfügung, wozu noch ein ganzer Stab von Restauratoren, Hilfskräften, Wachen, Packern und Transportarbeiter kam. Erich Pöchmüller hatte neben der Kunstbergung ein Soll von 100.000 t jährlicher Salzproduktion zu erfüllen, zudem wurden laufend Bergarbeiter zur Wehrmacht abgezogen. (In den Erbstollen von Bad Ischl wurden ab 12. Dezember 1944 730 Kisten und 1000 Gemälde aus der Nationalbibliothek mit Inkunabeln und Handschriften, Bestände aus dem Naturhistorischen Museum, dem Völkerkundemuseum, dem Kunstgewerbemuseum, dem Kunsthistorischen Museum und der Albertina direkt in den Stollen gelagert.)
Salinen-Direktor Emmerich Pöchmüller setzt sich bei Eigruber für den Erhalt des Bergwerks ein. Dazu spricht er am 17. April 1945 nochmals bei Gauleiter Eigruber vor, der an einer Vernichtung der Kunstschätze festhält. Mit der List, dass die Sprengung mittels der Fliegerbomben (8 Bombenblindgänger zu je 500 kg amerikanischer Herkunft) nur bei verdämmten Stollen effektiv wäre, erreicht Pöchmüller die Zusage der Verdämmung - Pöchmüller plant jedoch schon zu diesem Zeitpunkt, die Zündkabel der Fliegerbomben zu kappen. Mit der Legitimation der Verdämmung, werden die sechs Zugänge zum Bergwerk auf einer Länge von 12 Metern mit weichem Donarit I, welches zudem in kleinen Einzelschüssen aufgelöst war, zu verdämmen begonnen. Am 22. April 1945 trifft nochmals ein Telegramm Hitlers (bzw dessen Sekretär Martin Bormann) ein, das die Vernichtung der Kunstwerke verbietet, die Lähmung der Zugänge aber erlaubt (eine Möglichkeit ist auch, dass der Funkspruch fingiert war). Dennoch lässt Eigruber nun die Bomben im Berg durch Panzersoldaten bewachen. Pöchmüller verlagert daher die wertvollsten Gemälde innerhalb des Salzbergwerks weiter ins Berginnere. Durch Gespräche und Führungen ins Bergwerk schaffen es die Bergleute, die Bewacher des Bergwerkes, Feldwebel Filip und den Gendarmeriemeister Merle auf die Vernichtung des Kulturerbes aufmerksam zu machen und sie umzustimmen eine Verhinderung dieses Anschlages zumindest zu ermöglichen. Am 3. Mai 1945 war ein Trupp mit den Zündungen für die Bomben im Auto von Innsbruck unterwegs nach Altaussee. Diese Information konnte im Postamt Altaussee abgehört werden. Daraufhin informierte Bergrat Högler die Bergarbeiter offiziell (als Gerücht waren die Bomben den Bergarbeitern von Anfang an bekannt) von den Bomben im Bergwerk und suchte Freiwillige zu deren Entfernung und im äußersten Fall für die Beseitigung der Sprengmannschaft - es meldete sich spontan die ganze Belegschaft. Parallel konnte einer der Bergarbeiter, Alois Raudaschl, Verbindung zum Gestapo-Chef Kaltenbrunner herstellen, der sich über das Kriegsende in Altaussee hinwegzuretten hofft. Kaltenbrunner erhoffte sich dadurch Milderung bei seinem späteren Prozess. Raudaschl vermittelte Kaltenbrunners Befehl an den Bergrat Högler in Altaussee, die Bomben aus dem Berg bringen zu lassen. Der spionierende Panzerfeldwebel Karg, der zum Bewachungspersonal der Eigruberschen Villa in Altaussee gehörte, informierte jedoch Gauleiter Eigruber. Daher wurde Kaltenbrunner noch um ein Uhr nachts des 4. Mai telefonisch von Gauleiter Eigruber unter massiven Druck (Exekutionsdrohung) gestellt, sollte er die Vernichtung der Kunstwerke verhindern. Schließlich ließ Eigruber nach heftigem Wortwechsel die Entfernung der Bomben gelten, befahl aber, die Bomben an der Straße zum Salzberg lagern, und nicht wie geplant, im See zu versenken. Am Abend des 3. Mai fuhren zwölf Mann der Nachtschicht mit Oberbergmeister Jud in den Berg und begannen mit dem mühevollen Abtransport der Bomben. Um 0 Uhr 50 konnten die acht Sprengbomben auf die Steinberghalde gebracht werden, noch bevor die Zünder eingetroffen sind.
Nachdem die Bergleute rund 500 Bohrlöcher gesetzt hatten, konnten die sechs Eingänge des Bergwerks am 5. Mai zugesprengt werden. Parallel wurde der Ausseer NS-Ortsgruppenleiter Rupert Kain von der Widerstandsbewegung verhaftet, da ihm als Bergmeister Schleichwege in das Stollensystem bekannt waren und ihm eine Zerstörungsaktion der Kunstgüter auf eigene Faust zuzutrauen gewesen sei. Die Kunstschätze waren jetzt vor jedem Zugriff von außen sicher. Nur das gemeinsame Vorgehen aller Beteiligten hatte zum Erfolg geführt: die Vertreter der Saline, Chef Pöchmüller, die Bergarbeiter, Kunstbetreuer, Bergungsleiter, Restauratoren und die Widerstandskämpfer - alle hatten ihren Anteil an der Rettung.
Das Bergwerk Altaussee wurde am 8. Mai 1945 von Major Ralph E. Pearson (1991 im Alter von 86 Jahren bei einem Verkehrsunfall verstorben) der 3. (2. Bataillon des 318. Regiments der dritten Armee unter General Patton) US-Armee gesichert. Major Ralph E. Pearson erhielt in Schwanenstadt den Befehl, mit seiner Einsatzgruppe nach Altaussee zu fahren, die Stadt einzunehmen und die ungarischen Kronjuwelen (hier wurden die Amerikaner falsch informiert: die ungarische Stefanskrone befand sich, von ungarischen Flüchtlingen versteckt, drei Wochen lang in einem Benzinkanister in Mattsee) und die Gemälde Rembrandts zu holen. Man dachte zu jener Zeit, dass man bloß einen Offizier hinzuschicken brauchte, der die Beute holen und am selben Tag zurückbringen konnte. Aber es wurde beschlossen, doch Soldaten mitzuschicken. Um 10.30 verließ die Einsatzgruppe Pearson die Sammelstelle in Schwanenstadt: ein Maschinengewehr auf einem Jeep, ein Eineinhalb-Tonnen-Lastwagen mit Infantrie vom zweiten Bataillon, Major Pearson als Kommandanten und einem weiteren Offizier des zweiten Bataillons. Um 17.40 traf Pearson beim Salzbergwerk ein, ersetzte die deutschen Soldaten durch Wachen der eigenen Gruppe und war besonders von den Bergleuten beeindruckt, die die Bomben aus dem Berg entfernten, der "ihr Leben bedeutete". In den beiden folgenden Tagen wurden die Eingänge frei geräumt, am 10. Mai (mehrere andere Angaben: 17. Mai) konnten die Amerikaner den Berg betreten. Captain R. Posey, Mayerhoffer, Lincoln Kirstein und Erich Pöchmüller bildeten die erste Gruppe nach der Sprengung. Die doppelten Sicherheitstüren in das Bergwerk waren durch den Luftdruck der Sprengung zwar geborsten und Salzstaub reichte einige Meter weiter, das Kunstgut war nicht beschädigt, die Sprengung war also richtig dosiert. Am 20. Mai übernahmen die Offiziere der Kunstschutzabteilung MFA&A (Monuments, Fine Arts and Archives) unter ihrem Leiter Captain Robert K. Posey den Salzberg. In drei Transportwellen (90 Lastkraftwagen 17. Juni bis 20. Juli 1945, 86 LKW-Ladungen 6. Oktober bis 1. November 1945 und 60 LKW-Ladungen 26. November bis 15. Dezember 1945) wurden die Kunstwerke in den Central Collecting Point Munich geschafft und an die Regierungen der Länder (vor allem Niederlande, Frankreich, Österreich) zurückgegeben. Die letzte Sammlung (Rothschildsche Münzensammlung) verließ 1963 das Salzbergwerk Altaussee.
Es kann aus heutiger Sicht fast als "Wunder" bezeichnet werden, dass die Kunstwerke den abenteuerlichen Transport in das Altausseer Salzbergwerk fast unbeschadet überstanden haben. Neben dem hohen Transportrisiko auf der Bahnstrecke nach Aussee ist hier der Transport zum Bergwerk zu nennen. Im Herbst 1944 erreichte die Schneedecke beim Steinberghaus die Höhe von 5 Metern. Auch die teilweise riskante Rückführung in russisches Besatzungsgebiet etc. ist zu erwähnen. Dennoch wurden bei den Vertragungen innerhalb des Bergwerks vom Springer-Werk ins Mittiswerk Kunstwerke beschädigt: neun der Genter Altartafeln, vier Tafeln des Abendmahlsaltars von Dirk Bouts und fünfzehn der wertvollsten Bilder aus der Rothschildsammlung. Die Tafel mit Johannes dem Täufer vom Genter Altar war zerbrochen. Es ist heute heute nicht mehr feststellbar, ob hier auch ein Diebstahl erfolgte. Aus dem Bergwerk Bad Ischl wurde vom Reichsverteidigungskommissar Baldur von Schirach ein Lastwagen voll Kunstwerken gestohlen, die am 7. Mai 1945 um Mitternacht in St. Johann in Tirol bei einem Herrn God wieder auftauchten. Darunter waren unter anderen die Werke "Bauernhochzeit" von Pieter Brueghel d. Ä. (1568/69), die Selbstportraits von Rembrandt, Tizians "Zigeunermadonna", Altdorfers "Heilige Nacht", das Salzfaß "Saliera" von Cellini, eine Kiste Dürer-Stiche aus der Albertina und 600 Kilogramm Gold in Barren. Herr God, der die Bilder sofort erkannte, gab diese trotz vieler Forderungen nicht mehr heraus und übergab sie am 24. Mai 1945 dem amerikanischen Militärkommando. Auch seine Leistung blieb ohne Anerkennung. Im Bergwerk Bad Ischl gab es eine Diebstahlsvermutung: ursprünglich wurde in aufgebrochenen Kisten mit sakralen Inhalten der Tassilokelch aus Kremsmünster vermisst, diese Befürchtung war jedoch unbegründet. Es konnte nie geklärt werden, ob tatsächlich etwas gestohlen wurde. Erich Pöchmüller schreibt dazu:
Im Auftrag der Amerikaner erstellte Karl Sieber, Restaurator im "Bergungsdepot des Reichs" Altaussee, diese Zusammenfassung, die einen Überblick über die Einlagerungen gibt: Zusammenfassung der mir bekannten Einlagerungen im Salzbergwerk Altaussee.
Quellen: Dr. Ing. Erich Pöchmüller, Welt-Kunstschätze in Gefahr, Pallas-Verlag, Salzburg 1948. Link: Wolfgang Quatember, Der Schatz im Berg. Die "Führersammlung" im Altausseer Salzbergwerk (1944/45), PDF mit Fotos in: betrifft Widerstand 84, Dezember 2007, S. 11 - 14. (Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee). Link: Christian Reder, Im Salzbergwerk, 1985. Hinweis: zur Kunstsammlung Lanckoronski der Artikel von Burghart Häfele: Die Kunstsammlung Lanckoronski im Palast Hohenems © Wolfgang Morscher 2008, www.SAGEN.at
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