Die Baue des Berggerichtes Schwaz zur Zeit ihres fortschreitenden Verfalles (1595 - 1665)


von Max Reichsritter von Wolfstrigl-Wolfskron

Vgl. Beitrag zur Geschichte des Tiroler Erzbergbaues in den Jahren 1595 — 1617 von M. R. v. Wolfskron, Zeitschr. d. Ferdinandeums, III. Folge 43. Heft.

Kurz nach dem Ableben Erzherzogs Ferdinand II. fand wegen des dreierlei Scheidwerks bei der Fuggerischen Knappschaft ein neuerlicher Aufstand statt. Man wollte sich anfangs der fünf Rädelsführer bemächtigen, was aber misslang und zur Folge hatte, dass anfänglich 70 Gesellen beim Erbstollen und bald darauf 1000 Lehenhäuer in Ausstand traten. Die Herrenhäuer hingegen, die dabei nicht interessiert waren, blieben ruhig. Die 15 von der Knappschaft gewählten Ausschüsse, welche mit den Kommissären zu unterhandeln gehabt hätten, wollten sich dazu nicht mehr gebrauchen lassen, „weil die gesellschafft ainen und vaßt den eltisten draus, so zum peßten geredt (wie auch den volgenden tag zween anndere) mit straichen angriffen und mißhanndlt haben“.

Der Fuggerische Faktor drohte, wenn die Häuer nicht bald zur Arbeit gingen, auch die Herrenhäuer abzulegen, das wenige vorrätige Getreide zu versilbern und ferner weder den Unschlitt- noch Pfennwertshandel zu versehen.

Die Kommissäre wendeten sich, da niemand nachgeben wollte, an die Regierung „Unnd wier nun daraus so uil befunnden, wann den gsellen das ainerlei Schaidwerch nit bewilliget, daz die sach noch zu merern aufstand geraichen würde, wie sich dann die gesellschafft alberait hin und wider, sowohl beim lanndtuolckh als bey der knapschafft am Ringenwexel, item zu Ratemberg und Kützpüchl umb Hilff und den gloggenstraich zu bewerben understanden haben, man sich auch auf die pauern (als die des wildprets halb noch etwas schwirig) hilff jetziger zeit nit verlassen, noch anndere rettung thuen khündte, und den Engedeinern auch nit vil guets zuuertrawen ist, daher dann dises lannd in merckhliche gfar geraten, und dem unnderganng des Schwatzerischen und annder perckhwerch im lannd so daher correspondieren und zum verschmeltzen gebracht werden, die Tür geöffnet würde. So haben wir zuuerhüetung aines ergern und weil der erbstollen da man lang feyern solte, mit Wasser gentzlich angfült, versenckht und vil hoffentliche örter oder gepew alsdann nit mer zu erheben sein würden, nit umbgehen sollen, von lanndsfürstlicher hoher obrigkait wegen, innamen Ewer kay. Mjt und mitverwonnten füerzngreiffen“, und durch Schreiben die Fugger und ihre Faktoren zu ersuchen, es bei einerlei Scheidwert verbleiben zu lassen. Den Wunsch der letzteren, dass, nachdem die Knappen beruhigt und zwei Raitungen vorüber gegangen, dieses Mandat zurückgenommen werden sollte, wies die Regierung mit Entrüstung zurück.

Die Fugger drohten jedoch am 11. November 1595, woferne zum nächsten Weihnachtshinlaß das dreierlei Scheidwerk nicht wieder eingeführt würde, „daz sy mit Verleihung oder hinlaß der arbaiten an sich halten und allain die höfflichen örter belegen würden“.

Da aber dieses den sicheren Untergang des edlen Berges zur Folge gehabt hätte, ließ die Regierung diesen Hinlaß nicht abhalten, sondern schob ihn bis zur Erstattung der Erbhuldigung hinaus.

Zugleich entschloss man sich aber für alle Fälle 400 Mann fremdes Kriegsvolk anzuwerben.

Den Fuggern wurde am 8, Dezember 1595 geschrieben, dass ihnen für das Jahr 1596 nicht nur am Erbstollen, sondern an all ihren anderen Bergwerken zugesichert werde, damit ihrer Umbaulust und folgender  „unrat umb so vil mer vermittelt bleibe, und sie auch ursach haben, gegen der armen gsellschafft sich mitleidig zuerzaigen . . .“ 1).

1) P. A. II. 173. — m. a. h. 1295 f. 72, 79 — v. der röm. K. Mjt. 1595 — 1598 ff. 6, 17, 23.

Es wurde zwar schon früher gezeigt, dass die Art und Weise, wie die Gewerken das dreierlei Scheidwerk ausgeführt haben wollten, für die Knappen einfach unannehmbar und auch zum größten Schaden des Berges war, doch gibt ein Bericht der Kammer vom 15. November 1596 an Erzherzog Mathias ein so gutes Bild über die Entwicklung dieser leidigen Angelegenheit, dass ich denselben hier auszugsweise folgen lasse.

Wir erfahren aus demselben, dass im Jahre 1589 und  auch später deshalb in Schwaz Knappenunruhen gewesen und auf der Scheidwerksfrage „die Wolfart oder der unndergang des perges beruen thuet“. Am Falkenstein sei von Alters her und bis 150 Jahre gesetzlich nur einerlei Scheidwerk gebräuchlich gewesen. Vor 30 oder mehr Jahren hätten die Herrn Schmelzer und Gewerken auf dreierlei Scheidwerk gedrungen, aber bis 1571 damit nicht durchdringen können. Im Jahre 1585 wurde unter Vorsichtsmaßregeln zu Gunsten der Knappen darauf eingegangen, doch hieß es 1589 ausdrücklich: „doch allain auf versuechen und jrer gnedigisten wolgefallen und gar nit daz es ein bestenndtiger pergbrauch sein solle“. Da sich die Knappen dabei verkürzt sahen, kam es in eben jenem Jahre zum Aufruhr.

Der Bergrichter Gebhard und die erfahrensten Bergoffiziere sagen, infolge dessen habe sich die Mannschaft verloren, ziehe den Kriegsdienst vor, und werde am Berg bald ganz Feierabend sein, „dann die gepew würden, wann sie nit in stäten thuen bleiben, sonnderlich in der wassernöttigen tieffe, alsbalden eingeen, zerfallen und hinnach nit mer zuerheben, weil die gfert des ärzt der zeit one das grembsig und, schmal sein“. Es wurde daher beschlossen, dass künftig die Aufwiegler zum Ausstand „anndern zu ainem Scheuchen abgestrafft werden mügen“, hingegen es bei einerlei Scheidwerk zu verbleiben habe 2).

2) m. a. h. 1596 f. 344.

Alle den Fuggern früher erwiesenen Begnadungen hatten jedoch nicht den geringsten Erfolg, da im Herbst desselben Jahres dieselben wieder neuerdings um Gewährung des dreierlei Scheidwerks baten; doch darauf wollte die Regierung aus Furcht vor einem neuerlichen Aufstand nicht so schnell eingehen, sondern forderte am 29. Oktober 1596 von allen Seiten darüber Berichte ein.

Der ob dieser Verzögerung ungeduldige Fuggerische Faktor in Schwaz Wolfgang Zäch verweigerte nun trotz ausdrücklichen Befehles so lange die Befahrung, bis das dreierlei Scheidwerk bewilligt sein werde. Dies nützte ihm aber wenig, da ihm am 9. November 1595 im Namen Seiner Majestät aufgetragen wurde, unverzüglich die übliche Hinlaßbefahrung vorzunehmen. Seinen Herrn, dem Anton Fugger und dessen Bruders Söhnen, wurde hingegen am 12. Dezember 1596 ernstlich bedeutet, es beim einerlei Scheidwerk verbleiben zu lassen. Infolge all' dieser Unzukömmlichkeiten beschloss die Regierung zum Weihnachtshinlasse nach Schwaz Abgesandte zu verordnen, und es wurde deshalb am 20. Dezember 1596 dem Bergrichter von Schwaz aufgetragen, sich für diese Herren beim Thannhauser um Logis und Traktation zu bekümmern 1).

1) m. 1596 ff. 1284, 1365, 1584.

Die Fugger waren aber keineswegs gesonnen, wegen des dreierlei Scheidswerks die Flinte so bald in's Korn zu werfen und waren auch, um der Regierung Verlegenheiten zu bereiten, in der Wahl ihrer Mittel nicht sehr bedenklich. Die Aufsagung einer größeren Anzahl von Gruben, sowohl im Rattenberger Berggericht, als auch am Ringerwechsel, und die Drohung, den Berg nicht mehr mit dem nötigen Geleucht (Unschlitt) zu versehen, sollten die Regierung mürbe machen. Der wackere Schwazer Bergrichter Hans Gebhard verlor aber darüber nicht den Kopf und trug die aufgesagten Teile sogleich den Kirchbergischen an, was ihm auch von der Regierung lobend anerkannt wurde. Jene Teile, welche man nicht anbringen konnte und bei welchen der österreichische Handel schon mitgebaut hatte, wurden von diesen, wenn sie nur halbwegs höflich waren, selbst angenommen.

Außerdem wurde in dieser Angelegenheit den Fuggern geschrieben und dem Bergrichter aufgetragen, deren Faktor zu sagen, dass man ihnen, wenn sie mit dem Aufsagen fortfahren sollten, nicht nur am Schwazer Erbstollen, sondern auch an allen andern tirolischen Bergbauen Gnade und Hilfe zu reichen nicht mehr verbunden sei. Um den Fuggern das unter solchen Umständen doppelt drückende Anleihen von 500 Gulden zu der im Zuge befindlichen Passauer Unschlittbestellung schnell zurückzahlen zu können, sollte dieses Geld sogleich beim Haller Salzmayr geliehen weiden und ihm von dem nächsten Kupferverkauf des Paller in Brixlegg zurückbezahlt werden. Es wurde übrigens auch in Erwägung gezogen, „ob nit die gwerckhen vermüg der erfindung schuldig und verpunden seyen, die arbaiter mit der beleichtung zuuersehen?“ 1)

1) m. 1597 ff. 74, 93, 437.

Die Verhältnisse am Falkenstein und Ringerwechsel waren übrigens damals sehr missliche, dabei der geringen Erzeugung sich die Samkosten ungebührlich hoch steigerten 2).

2) m. 1597 I f. 15

Nachdem die Fugger trotz aller ihrer Mühe und Ränke bei der Regierung nichts mit ihrer altbekannten Forderung ausrichten konnten, wollte es noch Christoff Fugger durch sein persönliches Erscheinen am Schwazer Hinlasse des Jahres 1597 versuchen, dort seinen Willen durchzusetzen. Nach einem Bericht der Kammer an Erzherzog Mathias vom 3. Jänner 1597 sagte derselbe, er wolle zwar aus Rücksicht für den Kaiser den Hinlaß nicht sperren, behalte sich aber vor, am Landtag Beschwerde zu führen, denn mit dem einerlei Scheidwerk könne er diesen Hinlaß nicht bewilligen. Er habe auch nach seiner Instruktion schon verfügt den Handel durch Zusammenschlagen (Vereinigen) der Schmelzwerke möglichst zur verringern, an etlichen Orten, besonders in Rattenberg, die meisten Gruben aufzulassen, und sich des Einlaufens der Pfennwerte zu enthalten und die Sache Gott zu empfehlen. Es wurde ihm aber erwidert, dass er dadurch den Bergbau ruinieren würde, man habe der Gesellschaft (Knappschaft) strengen Auftrag zur ordentlichen Scheidung mit dem gegebenen, dass bei allenfallsiger „untrew oder unfleiß“ die Wiederaufrichtung des dreierlei Scheidwerkes ernst in Erwägung gezogen werde. Infolge dessen ging der Hinlaß ganz ruhig vor sich. 3)

3) P. A. XVI 846.

Das Verbauen blieb leider das gleiche und betrug am Falkenstein und Erbstollen im Jahre 1598 an die 1970 Gulden. Auch der Streit wegen des dreierlei Schndwerles ruhte, trotz der abschlägigen Bescheide der Regierung, nicht. Die Häuer gingen zwar hie und da auf dasselbe ein, „weil sy aber mit vorhalt der Proviant aus großer armuet hiertzu gleichsamb gezwungen worden, so ist inen wenig bestenndigckhait zutrawen und nit rätlich dem merertail knappen, so dem dreierlay schaidwerch auf höchst zuwider sein ain solches zuezemueten unnd unrue oder daz sich die lehenhayer als die seilen des perges in die krieg oder sonnst von dannen begeben zuuersechen“.

Im Jahre 1598 starben von den Arbeitern am Falkenstein und Erbstollen 13 Mann und zogen 71 fort, so dass sich ein Abgang von 84 Mann ergab 1).

1) m. a. h. 1598 f. 301.

Die Fugger beklagten sich in einem langen Gesuch vom 27. Oktober 1598, worin sie wieder das dreierlei Scheidwerk und noch manch anderes begehrten, über das schlechte Einhalten der Schichten, da nach ihrer Angabe wenigstens, die Arbeiter statt der vorgeschriebenen 8 Stunden nur 4 ½ bis höchstens 5 Stunden arbeiteten. Ein Bericht des Hanns Gebhardt und des Bergrichters von Schwaz Ulrich Suppan am 20. November 1598 vermeldet nach Erwähnung des vorigen Gesuches, dass das Erzhauen noch ganz gut sei und voraussichtlich noch lange währen dürfte, da, trotzdem das Erz „schmal, krembsig, gallig und kleber hergeht“, viel mehr als im Vorjahr erkauft wurde. Jedenfalls kann man daraus ersehen, dass die Arbeitsleistung der Knappen damals keine geringere gewesen sein kann und die obige Anschuldigung, wenn auch vielleicht nicht ganz unwahr, zum mindesten eine grobe Übertreibung war. Das Erz wurde hingegen den Arbeitern viel zu niedrig abgelöst, was denselben bei den damaligen hohen Proviantpreisen doppelt schwer fiel 2).

2) P. A. XVI 846.

Mit den armen Knaben und Säuberjungen ging man nicht viel besser um, da man ihnen ganz widerrechtlich von ihrem ohnehin schon sehr geringen Lohn noch die Schulden ihrer verstorbenen Eltern abzog, „auch hierdurch die jungen leuth an jren crefften aus mangl nottürfftig narung geschwecht und zu besuechung des allmusens oder frembder ort getriben werden“.   Mit Dekret vom 3. Februar 1599 wurde befohlen, sich künftighin dieses unbefugten Aufhebens zu enthalten 1).

1) m. 1599 ff. 22, 35, 1412.

Ebenso wenig wurde ein Jahr früher dem Fuggerischen Faktor Wolfgang Zach gestattet, eigenmächtig eine Getreidesteigerung vorzunehmen, und zwar um so weniger, als noch genug zu billigem Preise erkauftes Getreide vorhanden war. 2)

2) Tyrol de Anno 1597 usque f. 147.

Außer den Lehenhäuern und Herrenarbeitern wären sowohl in Schwaz als in den anderen Bergwerken noch die sogenannten Freigrübler zu erwähnen.

Sobald sich für die Gewerken der Betrieb irgend einer Grube nicht mehr rentierte und dieselbe deshalb aufgesagt wurde, erlaubte man den von solchen Betriebseinstellungen betroffenen Knappen, besonders wenn man sie anderweitig nicht anlegen konnte, häufig in solchen Gruben auf ihre Wag und Gefahr weiter zu arbeiten und ihre erzeugten Erze bei einer Einlösungshütte (für Schwaz und Rattenberg in Kundl) zu verwerten. Diese Arbeiter, welche schon den Charakter kleinerer Gewerken hatten, nannte man Freigrübler. Sie hatten gleich den anderen Knappen bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts auch den Proviantbezug. Da sich dieselben aber damals wegen des schlechten Proviantsatzes beklagten, wurde mit Dekret vom 15. Jänner 1600 den Freigrüblern vom Falkenstein und Ringerwechsel eröffnet, dass man von nun an den Proviantbezug einstellen werde, ihnen aber dafür die ganze Bezahlung geben wolle.

Diese Verfügung brachte nach einem Bericht des Kundler Hüttenverwalters, Peter Lindner, die Freigrübler so auf, dass zu besorgen war, dass sie vom Berg gingen, was man um jeden Preis verhindern wollte. Der genannte Verwalter erklärte, ohne Beihilfe die Freigrübler nicht zahlen zu können, und es wurde deshalb, um wenigstens ihr erstes Andrängen befriedigen zu können, heimlich 50 Zentner Kundler Kupfer verkauft. Auf dasselbe hätte freilich der bekannte Nürnberger Kupferhändler Paller Anspruch gehabt, die Kammer war aber kontraktmäßig befugt, für das Innsbrucker Zeughaus sowohl, als im Falle der Not von diesem Kupfervorrat nach Bedürfnis entnehmen zu können.

Das Guthaben der Freigrübler betrug zu jener Zeit 4163 Gulden und sollte zu dessen Bezahlung Franz Betting in Bozen um 3000 Gulden angegangen werden und von dem eingehenden Pallerischen Kupferkaufgeld 1718 Gulden 45 Kreuzer bezahlt werden.

Beim Schmelzen der Freigrüblererze, die man ohne Rücksicht auf den unvermeidlichen Schmelzverlust viel zu hoch bezahlt hatte, kam das Schmelzwerk zu Schaden, es wurde daher beschlossen, für künftighin im Halt einen entsprechenden Einzug zu tun, „doch in alweg dahin bedacht sein, daz die freygrübler bey pawlust erhalten und nit zu hart gedruckht oder zum auflaß getriben werden“ 1).

1) m. 1600 ff. 43, 277, 304, 443, 633 — m. 1601 f. 1780.

Es dürfte bei dieser Gelegenheit am Platz sein, der humanen Haltung, welche die tirolische Regierung bei jeder Gelegenheit den Arbeitern entgegenbrachte, lobend zu gedenken, was angesichts der beständig im Lande herrschenden Geldnot doppelt anerkennenswert war.

So wurde der Bitte der Schwazer Bergoffiziere, ihnen ihre geringen Gehalte aufzubessern, am 13. Jänner 1600 gleich Folge gegeben, dem Berggerichtsschreiber Georg Steigenperger 25 Gulden, den 4 Geschworenen miteinander 24 Gulden, dem Holzmeister Hans Landober 6 Gulden, dem Hans Wolfsperger wegen Versehung des Trabantendienstes 12 Gulden und den beiden Berggerichtsdienern zusammen 12 Gulden „zu ainer ergetzlichait und damit sy iren ordinari besoldung desto bas hinbringen und erhalten khinden“, bewilligt.

Aus demselben Beweggrund wurden auch die Fugger am 13. September 1600 ermahnt, in Berücksichtigung der zum höchsten verarmten Schwazer Knappen und deren kleinen Verdienst eine beabsichtigte Getreidesteigerung nicht vorzunehmen. Die Fugger beschwerten sich hingegen wegen schweren Verbauens und Abnehmens der Bergwerke in Schwaz und ganz Tirol, schweren Erhaltens der nötigen Pässe für Proviant und Verwüstung des Jungwaldes. Sie baten ferner um mehr Gnad und Hilf als bisher und um gänzliche oder doch wenigstens 3/4 Zahlung ihres Silbers in Talern zu 68 Kreuzern, ferner um Anordnung eines besseren Scheidwerks bei den Lehenhäusern. Dieselben hatten nämlich als Selbsthilfe gegen den Raubbau und um arme sonst nicht mehr einlösungswürdige Erzposten auf den einlösungswürdigen Stand zu bringen, das reiche Stuferz zerschlagen und unter das arme Erz gemischt.

Am 5. Juni 1601 wurde den Fuggern zur Erhöhung der Baulust bewilligt, ihr bei der Münze einzulösendes Silber zu 2/3 in Talern zu 68 Kreuzern und das letzte Drittel nicht in gangbarer Münze, sondern in Talern zu 72 Kreuzern auszuzahlen 1).

1) m. 1600 ff. 39, 1184, 1401 — m. 1601 — f. 705.

Wie wenig Herz die Fugger für ihre arme Knappschaft hatten, zeigt ein Akt vom 12. Juni 1603. Obwohl das Getreide sehr im Preis gesunken war, wurde es den Arbeitern noch immer zur alten hohen Taxe, u. zw. das Star Weizen zu 72 Kreuzer, der Roggen 54 Kreuzer und das 3 ζ schwere Laib Brot um 4 Kreuzer abgegeben. Es wurde daher behördlich  angeordnet, das Star von jeglichem Getreide um mindestens 4 Kreuzer billiger zu geben. 2)

2) m. 1603 f. 860.

Da sie im Jahre 1606 den Arbeitern am Ringerwechsel ihren Lohn im Betrag von 1000 Gulden nicht zahlen wollten, wurde der Schwazer Bergrichter am 7. Jänner 1606 beauftragt, die Arbeiter zur Geduld zu vertrösten, und der Haller Münzmeister angewiesen, bei der nächsten Silberlieferung wenn auch nicht die völligen 1000 Gulden, doch mindestens  die Hälfte davon für sie einzuhalten 3).

3) m. 1606 f. 8.

Hingegen begehrten die Fugger ein Jahr später statt 1500 Gulden Gnade und Hilfe 2000 Gulden, gänzliche Bezahlung des Silbers in Talern zu 68 Kreuzern und die Einführung des dreierlei Scheidwerks und wurde am 13. Oktober 1607 über all diese Begehren vom Bergrichter ein Bericht abverlangt 4).

4) m. 1607 f. 1731.

Eine von den Fuggern beabsichtigte Steigerung des Roggenpreises wurde jedoch, da keinerlei Grund dazu war, weil sie denselben zu billigen Preisen angekauft hatten und die Abfuhr von Getreide nach Italien, da es nur Weizen, aber kein Roggen war, in keinem Falle eine Preissteigerung bewirken konnte, am 7. November 1608 rund abgeschlagen. 5)

5) m. 1608 f. 2047.

Um diese Zeit herum machte sich im Tiefbau beim Erbstollen wieder die Wassernot geltend. Das im Jahr 1556 vom Salzburger Kunstmeister Wolfgang Lasser dort aufgestellte riesige Schöpfwerk, das in damaliger Zeit nahezu für ein Weltwunder galt, genügte bei der stetig zunehmenden Teufe des Tiefbaues nicht mehr, und wurde nun der Einbau eines Pumpwerkes in Erwägung gezogen. Es wurden dafür mehrere Projekte vorgelegt und glaubte der Erzherzog, dass ein ihm von Jakob Horngacher angetragenes Pumpwerk um 3154 Gulden billiger käme, als das von den Gewerken in Aussicht genommene. Obiger Kunstmeister wollte es um 600 Taler aufrichten, wobei noch wie in Idria 3 Eisenzapfen vorrätig gemacht werden konnten. Für den Kunstmeister und 6 Kunststeiger würden wohl jährlich 436 Gulden 48 Kreuzer Kosten ergehen, doch könnten Letztere auch noch zu anderen Arbeiten verwendet werden. Mit Dekret vom 17. Dezember 1608 wurde angeordnet, dass wenn Jakob Horngacher 500 Gulden Kaution erlegt hatte, mit dem Bau des Pumpwerkes begonnen werden könne. Sein vorgezeigtes Modell bewegte sich zwar ganz gut, aber der Fuggerische Faktor Hans Jakob Nieserl schlug einen anderen Kunstmeister aus Villingen namens Hans Jäger vor, worüber am 29. Juli 1609 Bericht verlangt wurde. Sein Pumpwerk (offenbar nur Modell) bewährte sich auch besser als das Horngacherische, weshalb er am 22. Oktober desselben Jahres auch den Auftrag erhielt, es am Erbstollen zu bauen. Er kam auch Ende 1609 deshalb nach Schwaz, erhielt 2 Gulden Zehrung und für jeden Tag 30 Kreuzer.

Wir werden in der Folge sehen, dass diese Angelegenheit noch mehrere Jahre brauchte, bis sie zu einem günstigen Abschluss kam. Selbstverständlich war durch diese ganze Zeit von einem Tiefbau keine Rede. 1)

1) J. Sperges, Tyrol. Bergwerksgeschichte, p. 116 – 118.

In der Palleiten oberhalb des Falkensteins waren jedoch die Fugger so glücklich, auf schöne Klüfte und Gänge zu kommen und befürchtete man bei dem starken Erzhauen in der Richtung auf die dortigen österreichischen und kirchbergischen Bergwerksgebäue, dass es in Kürze zu einem Durchschlag und dann „zu haderey khomen werde“. Es wurde daher der Marktscheider Stefan Pöllet am 19. Dezember 1610 beordert, dieses zu untersuchen.

Einen glänzenden Beweis, in welch hohem Ansehen in der Vorzeit die Tiroler Bergbeamten waren, liefert das Ansuchen der kaiserlichen Regierung in Prag, zur Wiederaufbringung des Bergbaues in Böhmen erfahrene Tiroler Bergbeamte als Kommissäre dorthin zu berufen. Da gerade weniger zu tun war, wurden dazu nach Einvernehmen mit dem Schwazer Bergrichter und österreichischen Faktor der fürstliche Rat Ludwig Rüedl, dann Hans Engl und Stefan Traunsteiner, ausersehen. Nach einem Erlass vom 15. November 1610 wurde jedoch die Kommission auf das nächste Jahr verschoben. 1)

1) m. 1608, ff. 1187, 1541, 2458 — m. 1609 ff. 1317, 2008, 2299.

Höchst unheilvoll für den Schwazer Bergbau gestaltete sich eine im Jahr 1611 ausgebrochene epidemische Krankheit, Sucht, Infektion oder Kontagion genannt. Sie machte sich gleich zu Beginn des Jahres 1611 geltend, hörte kurze Zeit auf, um Ende März noch weit ärger zu wüten. Sie war nach dem Urteil des Schwazer Apothekers nicht die befürchtete Beulenpest, sondern die „hungarische Krankheit oder hertzprein“. Der berühmte Dr. Hyppolit Guarinoni, Stiftsarzt von Hall, ließ sich, obwohl er im Jahre 100 Taler erhielt, um die Kranken in Schwaz zu besuchen, dort gar nicht sehen, und war dort Reich und Arm ohne alle ärztliche Hilfe. Er gab zwar vor, dieses aus Rücksicht für die fürstlichen Personen, „die daran ein abscheichen nemben mechten“, unterlassen zu haben, allein man wollte ihm trotzdem die 100 Taler aufkünden, und einen eigenen medicus für das Berg- und Landgericht Schwaz aufzunehmen, wofür nach einem Bericht vom 16. Juni 1611 Doktor Graf oder Doktor Urbanus Stobaeus in München ins Auge zu fassen wären. Der Erzherzog ordnete einstweilen den Doktor Paul Weinhart hin ab, wozu ihm mit Dekret vom 10. Mai die nötige Zehrung zu reichen war.

Dieser brave Mann nahm sich mit Eifer der Kranken an und konnte, da er Ursachen und Charakter der Krankheit richtig erkannt hatte — er berichtete am 14. Mai, dass „Gott lob solche sucht nit pestes sondern allain von obligender und ausgestandener armuet, hungersnot und kelte auch ungeschickter und widerwertiger verhaltung entstanden, daher auch dieselb allain bey den unvermüglichen sich erzaiget und befunden würdet“ — auch nun das Hauptmittel, ausreichende Nahrung verordnen. Es wurde infolge dessen von allen Gewerken auch den Fugger- und Katzpöckischen Faktoren im Namen ihrer Herren 500 Gulden zusammengeschossen und Abraham Geizkofler beauftragt, zu sehen, ob die Tiroler Landschaft, die in Hall einen Vorrat von schönem Roggen hatte, für den ärgsten Fall von demselben (15 — 20)? Mut abgebe.

Der Innsbrucker Stadtmagistrat wollte die Nachricht bekommen haben, dass in Schwaz vom 15. bis 31. Mai 151 Personen gestorben seien, außer denen, die man bei der Nacht heimlich begraben habe. Es wurde auch auf der Zillerbrücke eine Wache aufgestellt, damit die Zillertaler nicht auskommen konnten, da die Sucht dort noch weit ärger als in Schwaz wütete.

Die Sucht, welche man heute wahrscheinlich einen Hungertyphus nennen würde, nahm nach einem Bericht Dr. Weinharts in Schwaz wieder überhand, da vom 13. bis 17. Juni 83 Personen, größtenteils Weiber und Kinder, starben.

Die verzweifelten Arbeiter wurden schon schwierig und es war zu befürchten, dass, wenn die Sperre nicht bald aufgehoben würde, ein ernstlicher Aufstand wegen Hungersnot ausbrechen würde, da sie schon ganz trotzig um Aufhebung der Sperre baten, was auch, da seit Weihnachten 1611 bis 13. März 1612 niemand mehr erkrankt und gestorben, sowohl auf Einraten Dr. Weinharts, als der deshalb nach Schwaz geschickten Kommission am 13. März 1612 geschah.

Es ist wirklich erfreulich, einmal von den Fuggern etwas Löbliches berichten zu können. Sie sollten anlässlich dieser Seuche sich gegen die Knappen „gannz väterlich und mitleidenlich erzaiget und jnen beygesprungen, (daher ihnen) ain benannts als 1000 gulden oder taler zu ainer ergetzung sonderbar bewilligt werden möchte“.

Wegen dieses väterlichen Verhaltens gegen die Knappschaft, leidentlicher Abgabe des Pfennwertes, Belegung hoffentlicher Gedingörter, Durchsuchung des Kalkgebirges und schmalen Erzstreifen wurde am 28. März 1612 vorgeschlagen, ihnen wie im Vorjahr 2000 Gulden Gnade und Hilfe und für alle ihre Tiroler Bergbaue außer dem Rörerbühel das Silber statt mit 2/3 in Talern zu 68 Kreuzern, völlig zu bezahlen 1).

1) m. 1611 ff. 977, 423, 826, 830, 4 — e. u. b. 1611 ff. 77, 112 — a. f. d. 1611 und 1612 ff. 323, 73, 80, 152, 170, 181, 204, 451 — m. 1612 ff. 233, 533.

Um auf die schon früher erwähnten Anstände mit der Wasserhaltung zurückzukommen, zeigte sich die einstweilen von Hans Jäger eingebaute Kunst als ganz ungenügend. Sie schöpfte zwar zu einem Ausguß 5 Maß, trotzdem stieg aber das Wasser im Schacht in einer Stunde um einen Zoll. Es wurde daher am 13. Februar 1613 darüber ein Bericht verlangt und am 6. März desselben Jahres geraten, deshalb Kunstverständige aus Nürnberg, Augsburg und München zu befragen. Da die Gewerken dafür schon über 2000 Gulden ausgegeben hatten und dadurch in arge Bedrängnis kamen, verlangten sie zur Wasserlosung am Erbstollen ein Hilfsgeld.

Als dieser Beschluss schon in Ausführung begriffen war, stellte sich ein gewisser Paul Mariani aus Mailand dem Erzherzog vor und erbot sich, in Schwaz die Wasserhebekunst zu machen. Derselbe zeigte dem Erzherzog ein Modell einer solchen vor und bekam am 23. August 1613 den Auftrag, sie zu  bauen. Mariani hingegen erklärte, da Hans Jäger mit  seinem im Bau begriffenen Wasserkunstwerk noch nicht ganz fertig sei, dieses gutwillig abwarten zu wollen und dann auf weiteres Begehren sich mit seiner Kunst, deren Kosten er nur auf 800 Gulden schätzte, einstellen zu wollen. Da aber die Schwazer Faktoren „des Mariani jnen damals gemachte visierung weder loben noch schelten thuen“, wurde das Bezügliche dem Erzherzog anheimgestellt.

Der durch Jägers Misserfolg gewitzigte Fuggerische Faktor wollte jedoch nicht einwilligen, dass der schon in Schwaz befindliche Mariani dort sein Projekt ausführe und setzte es durch, dass derselbe früher an den Kogl geschickt werde, wo in der Klamm vor ca. 40 Jahren ein Schacht mit 11 Arbeitern ersäuft worden war, so dass man ihn mit eingehängten 4 Pumpen nicht gewältigen konnte. Bei einer Grubenbefahrung alldort, welche der Kammerrat Leo Marquard Schiller von Herdern zum Grabenstein, der Haller Münzmeister Christof Örber und der Faktor von Schwaz Georg Gschwenndtner, sowie Mariani beiwohnten, ersah man, dass in dritthalbhundert Klafter vom Tag hinein der 17 Klafter tiefe Schacht ganz ertrunken sei und dessen ansitzende Wässer durch eine Rinne aus den Stollen abgeleitet wurden. Mariani erbot sich um 400 Taler es ins Werk zu setzen und was es darüber koste, selbst zu bezahlen. Das Schwazer österreichische Faktoramt war dort mit 5/9, das Hüttenamt Kundl mit 2/9 und die Fugger ebenfalls mit 2/9 beteiligt. Der Fuggerische Faktor erklärte, dass seine Herren im Fall des Gelingens vermutlich auch das Ihre dazu beitragen würden. Leider bewährte sich Mariani's Kunst dort ebenso wenig, als die Hans Jäger's am Erbstollen, und es wurde deshalb dem Erzherzog eingeraten, da sich Mariani im Falle des Misslingens mündlich und schriftlich erboten die erlaufenen Kosten zurückzuzahlen, ihn daran zu erinnern.

Die Kunst Haus Jägers ging zwar ununterbrochen durch 6 Wochen, doch musste daneben noch der alte Wassersack ziehen, um die Wasser gewältigen zu können, außerdem zeigte sie verschiedene Mängel und Brüche. Die Unkosten dieser misslungenen Kunst beliefen sich auf 8703 Gulden 58 Kreuzer 3 Pfennige. Selbstverständlich wurde dem Jäger, da er sein Versprechen nicht eingehalten hatte, weder Rekompens noch Privilegium gegeben, ihm aber anbetracht seiner traurigen Lage (er scheint mit Weib und Kind in Schwaz gewesen zu sein) seine Zehrungskosten im Betrag von 36 Gulden beim Wirte Friedrich Spielmann bezahlt.

Nun erbot sich der Engländer Johann Nüllmer die Wasserkünste sowohl in Schwaz als Rattenberg zu bauen. Er wollte eine kräftigere Kunst, die aber bei 1000 Gulden kosten würde, beim Erbstollen zu Schwaz konstruieren und zeigte sich auch im Probieren und Schmelzen erfahren. Da er aber weder der deutschen noch der welschen Sprache mächtig war und die österreichische Kammer die großen Kosten allein nicht tragen konnte, wurde er nach Reichung eines Zehrpfennigs am 19. Juni 1614 gnädigst abgefertigt. Über die weitern Vorkommnisse mit diesem Wasserpumpwerk liegt nichts aktenmäßiges vor. Sperges behauptet auf pag. 133 seiner bekannten Tiroler Bergbaugeschichte, man habe den Schacht schließlich aufgelassen und mit taubem Gestein verstürzt, womit es bis zum Jahr 1728, wo er wieder gewältigt wurde, sein Bewenden hatte 1).

1) m. a. h. 1613 ff. 71, 98, 537, 541 — m. 1613 f. 1890 — Ausgangene Cammersachen 1613 ff. 389. 508 —  m. a. h. 1614 ff. 6. 182, 278, 306, 528.

Gegen Ende des Jahres 1614 wurde beim Freierzkauf am Falkenstein ein unleidentliches Verbauen festgestellt. Offenbar handelte es sich um systematisch betriebene Probenfälschungen von Seite der einlösenden Freigrübler. Anfangs waren für den Zentner (rectius Kübel) 4lötiges Erz 56 Kreuzer Hilfsgeld bestimmt, was im Jahre 1594 aus besonderer Gnade auch auf die 3lötigen Erze ausgedehnt wurde. Man war daher auf Mittel bedacht, die bei der Erzeinlösung eingeschlichenen Missbräuche und Hinterziehungen abzubringen, ohne befürchten zu müssen, dass die auf ihren Verdienst angewiesenen Freigrübler die Arbeit verlassen dürften. Da der Erzhalt am Falkenstein leichter auf die nötige Höhe gebracht werden konnte wie am Erbstollen, Ringerwechsel und in Rattenberg, so konnte noch nicht darauf eingegangen werden, wie dort 1 1/2 Loth Silber im Zentner Erz als Einlösungsgrenze festzusetzen. Am 18. Oktober 1614 wurde nachfolgender Einlösungstarif für die silberhaltigen Erze festgesetzt:

Erze von 1 1/2 Loth Silber   42 Kreuzer
    " 1 3/4     "   54     "
    " 2     " 1 fl. 12     "
    " 2 1/4     " 1 " 24     "
    " 2 1/2     " 1 " 36     "
    " 2 3/4     " 1 " 44     "
    " 3     " 2 " 12     "
    " 3 1/4     " 2 " 24     "
    " 3 1/2     " 2 " 36     "
    " 3 3/4     " 2 " 54     "
    " 4     " 3 " 12     "

für jedes fernere Loth Silber, welches das Erz über 4 Loth hielt, wurden 48 Kreuzer bezahlt.

Von jedem Star geteilten (eingelösten) Erzes sollten die Gesellen eine Abgabe von 18 Kreuzern reichen, die den Arbeitern jedoch nachgesehen wurde, wenn ihr Wochenverdienst unter einem Gulden kam 2).

2) e. u. b. 1614 f. 619.

Im selben Jahr kam es wegen zu hoher Getreide- und Brottaxe und aller Wahrscheinlichkeit nicht weniger wegen brutaler Gebarung des Fuggerischen Faktors Hans Jakob Nieserle wieder zu Unruhen, die aber durch eine nach Schwaz gesandte Kommission bald beigelegt wurden. Es wurde von derselben den Fuggern aufgetragen, die Klagen der Arbeiter möglichst zu berücksichtigen, und dafür Sorge zu tragen, dass ihr Faktor „bei der knappschafft gut diskretion gebrauche, und sich der scharpfen anzigigen wort enthalte und in allwege das fürnemben thue, damit selbige bei gueter lust sowol der arbeit bleiben, auch merer gfar und auflauf verhüet werde“. 1)

1) e. u. b. 1614 f. 136

Im November 1614 baten die Fugger für alle ihre Tiroler Bergbaue außer dem Rörerbühel für 1615 um ein Hilfsgeld von 3000 Gulden, und dass ihnen ihrer in Hall eingeliefertes Silber ganz in Talern zu 68 Kreuzern bezahlt werde und sie des Kupferzolles enthoben würden. Die Kammer konnte jedoch darauf nicht einraten, da sie bedachte, „daz die maisten clüfft und genng verschrotet, so dahin zu verstehen, daz die dickhen nambhafften haubtclüfft und gennge verhawt und deren ietziger zeit am gannzen Valckhenstain khaine sonndern allain schmale strifflen vor augen, dabei sich die gesöllen mit schwerer harter arbeit underbringen und erhalten und die gewerckhschafft in hoffnung etwas merers zuerraichen und zuerpawen neben Ewr Frl. Dt. raichende hülffen darauf setzen“. Es war übrigens, wie wir aus demselben Bericht der Kammer vom 14. November 1614 ersehen können, damals schon bei allen Tiroler Bergbauen mit Ausnahme des Schneeberges sehr übel bestellt und ließ man aus diesem auch am 7. März 1615 vier vom Landesfürsten am Falkenstein betriebene Hilfsgebäue auf. 2).

2) m. a. h. 1614 f. 644 — m. 1615 f. 353.

Der Fuggerische Faktor beantragte beim letzten Schwazer Hinlasse den Schacht im Erbstollen auf 26 Klafter abzukürzen und die Nebenzechen ertrinken zu lassen, dafür aber die dort entbehrlichen Arbeiter in den oberen Zechen anzulegen, worüber am 5. Juni 1615 vom Bergrichter ein Bericht verlangt wurde.

Die Fugger kauften übrigens im selben Jahre um 2000 Gulden und 100 Gulden Leukauf die früher dem kaiserlichen Hüttenamt zu Kundl am Falkenstein gehörigen Bergwerksteile. 1).

1) m. 1616 ff. 22, 1065.

Ein Jahr früher wurde, vermutlich aus Ersparungsrücksichtei die Auflassung der Kundler Hütte und deren Vereinigung mit der kaiserlichen Schmelzhütte in Brixlegg ernstlich in Erwägung gezogen. In Kundl befanden sich damals der Hüttenverwalter Abraham Greninger, der Hüttenschreiber und Probierer Jakob Reisacher der Hutmann Vinzenz Pühler, ein Hutmann für Erz, 2 Bleischmelzer, 2 Rost- und Schlackenschmelzer, 1 Wagenmeister und 2 Schaufler. Am 30. April wurde der Hüttenverwalter Abraham Greninger mit seinen in Kundl gehabten 250 Gulden Gehalt nach Brixlegg versetzt 2).

2) m. 1615 f. 42 — m. 1616 f. 619.

Der im Jahr 1605 aufgeschlagene Bergbau in der Pannleiten (auch Palleuten) bei SchwaZ, wo die Kirchbergischen Gewerken mit 18 Vierteln mitbauten, war wohl anfangs, wie man es, um die Bergbaulust zu heben, fast immer gewährte, frohnfrei. Er war aber, wie wir schon früher gesehen, schon im Jahre 1610 in so flottem Betrieb, dass ihm im Jahre 1619 und 1620 die Leistung der Frohne aufgetragen und dieselbe im Jahr 1621 reguliert wurde 3).

3) m. 1619 ff. 2155, 2302 — m. 1629 f. 292 – m. a. h. 1621 f. 61 — m. 1620 f. 778

Zur selben Zeit (12. Juni 1620) wurde auch der zum Schwazer Berggericht gehörige baufällige Pocher St. Leonhard im Rottenstein, bei welchem der österreichische Handel mit 6 Viertel und der Fuggerische mit 3 Viertel beteiligt waren, wieder neu aufgebaut. Es geschah dieses hauptsächlich zur Aufkuttung der dort befindlichen mächtigen Halden. Auch im Weittal wurde zur Aufpochung der alten zwei Halden von St. Martin ein neuer Pocher aufgestellt, bei welchem der österreichische Handel mit 14 Vierteln und die Fugger mit 22 Vierteln interessiert waren und auch die Erze des Fuggerischcn Bergbaues bei unser Frauen am Schroffen verpocht wurden. Die vom österreichischen Handel bisher betriebenen Baue St. Johannei vom Rotenstein, St. Veit und Urban am Radaun und St. Michael am Pruchschlögl waren im Verbauen 4).

4) m. 1620 f, 778.

Den Fuggern wurde zwar für ihr an der Haller Münze eingeliefertes Schweizer Silber wie seit 3 Jahren vom Anfang 1621 bis 1. Juli desselben Jahres der entfallende Betrag völlig mit Talern zu 68 Kreuzern, von diesem Zeitpunkt an bis auf weiters, jedoch nur 2/3 in Talern zu 68 Kreuzern und das letzte Drittel in Talern zu 84 Kreuzern, anstatt und für alle andere suchende Gnad und Hilfen bezahlt.

Zur selben Zeit wurde auf ihre Bitten auch ein Mandat herausgegeben, welches die Ausführung der in Schwaz vorkommenden Lasursteine an fremde Farbenmacher strenge verbot 1).

1) m. 1621 ff. 1052, 1432.

Da die Fugger durch ihren Faktor 1623 verlautbaren ließen, dass sie wegen Mangel an Eisen und Stahl von der künftigen Raitung an der Mannschaft keinen Proviant, mehr geben wollten — glatt gesagt sie dem Verhungern aussetzen wollten — rotteten sich nach einem Bericht des Schwazer Bergrichters vom 30. März die verzweifelten Knappen beim heiligen Kreuz und St. Antonigrube an 200 Mann zusammen und zogen schließlich, von anderen Gruben auf 300 Mann verstärkt, vor das Bruderhans, wo sie dagegen demonstrierten. Obwohl nichts weiteres darüber bekannt ist, scheint die Sache doch noch gut verlaufen zu sein und die Regierung kaum scharf gegen diesen Akt der Verzweiflung darein gegangen zu sein, da sie erst am 18. September 1623, also fast nach einem halben Jahr Nachforschungen über die Urheber dieser Rottierung — die in Wahrheit wohl in fürstlicher Pracht in ihrem Palast zu Augsburg saßen — vornehmen wollte.

Ganz ungeschreckt durch dieses erste Vorkommnis wollten die Fugger im selben Jahre wieder eine Getreidesteigerung vornehmen. Hören wir, was die tirolische Regierung am 18. September l. J. darüber spricht: Mit Weglassung der üblichen Eingangsformeln heißt es da: „Jedoch wenn wir herentgegen ainer pergwerksgesöllschafft (Knappschaft) anvor obliegende armuet und noch dazu diese jetzige hohe steigerung in acht nehmen, so khönnen wir nicht sehen, wie sy sich gegen den schlechten gewineten und alten wochenlohn, bevorab die herrenarbaiter, weiln die merer gesöllschafft ainiches (kein) pargelt nie einzunehmen unnd die heur nur in merer schulden und ausstandt khomen, sambt am jetzigen disen winter hinumb erfroren und von der Költen auß manglenter claidung erhalten khönnen, also daz auf disen aufschlag und bevorstehende noch greßere hungersnot bei jnen arbaitern nit allain allerlay schreckliche clainmuetigkhait und schedliche krankhaiten, sondern auch anderes mer besorgents übl zugewertigen ist“.

 

 

(wird fortgesetzt)

 

Quelle: Max Reichsritter von Wolfstrigl-Wolfskron, Die Tiroler Erzbergbaue 1301 - 1665, Innsbruck 1903. S. 90 - 125.
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Abkürzungsverzeichnis:

Missiv an Hof . . . m. a. h.
Causa Domini . . . C. D.
Missiv von Hof . . . m. v. h.
Pest-Archiv . . . P. A.
Entbieten u. Befelch . . . e. u. b.
Schatz-Archiv . . . S. A.
Bevelch vom Hof . . . b. v. h.
Brixner Archiv . . . Br. A.
Geschäft von Hof . . . g. v. h.
Trienter archiv . . . Tr. A.
Geschäft an Hof . . . g. a. h.
Miscellanea . . . M.
Gemeine Missiven . . . m
Von der fürstl. Durchlaucht . . . v. f. d.

Die römischen Ziffern bezeichnen die Faszikel, die Zahl im Nenner die Aktennummer, f. mit nachfolgender Zahl Folio des betreffenden Kopialbuches.
Maximilianea, Ferdinandea, Leopoldina erscheinen völlig ausgeschrieben, die vereinzelten Codices sind im Kontext erwähnt.