Steirischer Bergbau vor 200 Jahren
Ein Querschnitt durch die steirische Bergbaugeschichte des 18. Jahrhunderts


Von Erik Flügel

Man schrieb das Jahr 1711, als ein gewisser Dr. Tirmann beim Oberbergamt in Eisenerz eine Schrift vorlegte. Der ausführliche Titel ließ den Inhalt klar erkennen:

„Ueber die Ausfündigmachung derer im Herzogthum Steyer und Karnten Verborgenen Liegenden Metal- und Mineralien; dieße zu guten Bringung betreffend."

Diese Schrift ist deshalb von Bedeutung, weil sie den ersten weiträumig geplanten Vorschlag zur Wiederbelebung des steirischen Bergbaues nach den wirtschaftlichen Zusammenbrüchen im 17. Jahrhundert darstellt. Sie leitete eine endlose Reihe von Gutachten und Vorschlägen von Fachmännern und Laien ein. Der Bergbau wurde im 18. Jahrhundert zur Sache der Allgemeinheit.

Es war dies eine Entwicklung, wie sie durch die allgemeine rasche Umstellung der innerösterreichischen Wirtschaft nach den Türkenkriegen bedingt war. Zentralisiert und gelenkt — freilich nicht in der heutigen Bedeutung der Worte — zeigt sich uns dieses Wirtschaftsbild des 18. Jahrhunderts als abgeschlossene Planung. Aber nur im Großen gesehen; im Kleinen sehen wir ein vollkommen anderes Bild: Zersplitterung, Idealismus und Konjunktur. Pflichtbewusste, stetige Arbeit auf der einen, und rücksichtsloser Wettlauf nach Erfolg auf der anderen Seite.

Als Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1740 die Regierung übernommen hatte, setzte auf bergbaulichem Gebiet eine Reihe von Reformen ein. Alle diese Verordnungen wurden später als „Maria-Theresianische Bergwerkserhebung" zusammengefasst. Darunter fallen vor allem die Anweisungen der Niederösterreichischen Hofkammer zur Untersuchung und eventuellen Wiedergewältigung der alten Metallbergbaue.

Aus den Repertitorien des Eisenerzer Oberberggerichtes (StLA., Rep. 1749, Handschrift XIV; Rep. 1783, B 211) kennen wir die Auswirkungen dieser Befehle:

Eine der ersten Eintragungen beschäftigt sich mit einem „Referat über Die Ursachen, welche daß Capitl zu Vorau veranlaßet, den Bergbau am Prinskogl aufzulaßen. Dabey die mit dem Prälaten zu Vorau Respectu mit dem K. K. Hofkammerrath geführter Correspondenz und dießfalls erlahßene Resolution" (Rep. 1749, Fasz. I/Rubrik 2).

Es handelt sich bei diesem Bergbau um ein silberführendes Bleibergwerk in der Nähe von Vorau in der Nordoststeiermark:

Die Betriebsgeschichte dieses Bergwerkes ist typisch  für viele kleine Bergbaue der damaligen Zeit. Schon der Anlass zum Abbaubeginn ist charakteristisch: Beim Abtransport von Baumstämmen zur Feistritz wurde am Südhang des Prinzenkogels der Waldboden aufgerissen und das erzführende Gestein freigelegt. 1738 begann das Stift Voran mit dem Abbau; die Leitung der Arbeiten hatte ein Pater, Herr von Millperg. Vollkommen ohne fachlichen Rat, baute sich die Betriebsentwicklung lediglich auf aus Büchern erworbenen theoretischen Kenntnissen auf: streng nach der üblichen Weise wurde ein Erbstollen angelegt, um die Erze zu unterfahren und das Wasser abzuziehen. Gleichzeitig richtete der Pater ein Poch- und Schlämmwerk ein und erbaute eine Schmelzhütte. Nun aber erwiesen sich alle theoretischen Vorkenntnisse als wertlos, denn der Erzgang wurde immer reicher an schlecht zu verhüttenden sulfidischen Erzen. Die Verarbeitung wurde immer schwieriger. 1744 holte man fachkundige Hüttenarbeiter aus Schemnitz in Ungarn. Aber auch auf diese Art fand sich kein Ausweg. Und das Bergwerk verschlang Geld und nocheinmal Geld; in sieben Jahren — bis 1744 — hatte das Stift ein Defizit von 20.000 Gulden. Privatleute wurden als Finanziers interessiert, ein Josef Kaschwitz v. Weinsberg trat der Gesellschaft mit ein Sechzehntel Anteilen bei. Hilferufe an das Oberbergamt blieben erfolglos, denn in Eisenerz war man zuerst abwartend und dann pessimistisch gestimmt. Voll ironischem Skeptizismus beantwortete der Oberbergrichter Ferch junior die bürokratische Frage der Hofkammer nach dem genauen Grund der Heimsagung des Bergbaues im Jahre 1747. Als ersten Grund führte er die Verweigerung der Frohnbefreiung an — eine Verweigerung, die durch die Hofkammer selbst erfolgte. Der zweite Grund ist nach dem Oberbergrichter die schwierige und teure Wasserhaltung: die Einrichtung einer neuen Wasserhaltung würde 17.000 Gulden kosten; eine Summe, die das Stift nicht zu zahlen imstande war. „Aber", so schreibt Ferch ironisch, „vielleicht könnte man die Wasserkünste von Oberzeiring übertragen." Diese Wasserkünste waren 1740 auf Staatskosten im alten Silberbergwerk Oberzeiring eingerichtet worden und waren in ihrer Größe für die damalige Zeit einmalig: mitten am Marktplatz von Oberzeiring standen die großen Räder der Pumpwerke, welche das Wasser aus den im Mittelalter ersoffenen Stollen und Schächten entfernen sollten. Eine Überführung dieser Anlagen hätte natürlich eine Unterbrechung, wenn nicht gar eine Einstellung der Arbeiten in Zeiring bedeutet — eine Tatsache, welche mit den am grünen Tisch beschlossenen Reformen der Hofkammer nicht zu vereinbaren war. Am Ende seines Berichtes schreibt der Oberbergrichter mit grimmigem Sarkasmus: Über die Abbauwürdigkeit könne er nichts sagen, „denn ein ehrlicher und verständiger Bergmann sieht niemals tiefer ein, als er seinen Grubenhut vorort mit einem Wurfe zu entfernen vermögend ist".

Wenn wir in den alten Berggerichtsakten weiterblättern, gelangen wir zu einer verblüffenden Notiz: „1755 — Criminalurtheil über den gewesten Oberbergrichter Ferch" (Rep. 1749, Fasz. III/Rubrik 4). Der Oberbergrichter — die zweithöchste Instanz der kaiserlichen Bergbehörde — und ein „Criminalurteil"?

Es handelt sich bei diesem Mann um Ferch senior, längere Zeit hindurch Oberbergrichter, ohne dass mit seinem Namen irgendetwas Besonderes verknüpft wäre. Aktennotizen, Gutachten, Eingaben — die gewöhnlichen Eintragungen. Dann aber plötzlich eine Notiz (Rep. 1749), Briefe (StLA., Steir. Misc., I, II) mit der Bitte, nach Graz fahren zu dürfen, um seine Gesundheit wieder herzustellen. Ferch junior taucht auf und übernimmt anscheinend die Amtsgeschäfte des Vaters. Anfang März des Jahres 1755 tritt der Vater von seinem Amte als Oberbergrichter zurück — „freiwillig", wie das Repertitorium ausdrücklich vermerkt.

Kurze Zeit später erscheint die Notiz „Bericht über die dem inhaftierten Ferch vorgestreckten 300 fl. zur Bezahlung einer Schuld". Also hatte man den abgedankten Oberbergrichter verhaftet und eingesperrt.

Der Grund für diese Ereignisse wird klar, wenn wir die Lage in Eisenerz selbst, den Zustand bei der Innerberger Hauptgewerkschaft betrachten:

Auch hier waren nach dem Regierungsantritt Maria Theresias Reformen durchgeführt worden — die Proviantbezirke (d. h. jene Landesteile, welche bestimmte überschüssige Lebensmittel an die Arbeiter des Erzberges verkaufen mussten) wurden genau abgegrenzt; durch ein Einfuhrverbot wurde das Eisenmonopol des Staates in Innerösterreich untermauert. Der Hauptgewerkschaft, also einer 1625 vom Staat ins Leben gerufenen Gesellschaft der Abbaue, Radwerke und Hämmer, wurde eine Minimalproduktion von 120.000 Zentnern Erz jährlich vorgeschrieben. Dies wiederum hatte die Ersetzung der Stücköfen durch Floßöfen zur Folge. War man bei den Stücköfen gezwungen, beim Abstich der Schmelze den Schmelzprozess vorübergehend einzustellen, so war man nun in der Lage, das Erz in Flossenform schon in flüssigem Zustand abzulassen und einen durchlaufenden Schmelzprozess einzuführen. Dadurch wurde zum ersten Mal die Sonntagsarbeit notwendig. Um die steirische Industrie zu fördern, gründete die Hauptgewerkschaft in Graz 1766 eine Fabrik zur Erzeugung feiner Stahlwaren. Dieser Plan erwies sich aber als ein Fiasko sondergleichen. Um die heimischen Arbeiter anzulernen, wurden auf Staatskosten englische und zwei französische Meister nach Graz geholt; aber nach kurzer Zeit brannten zwei dieser Leute unter Hinterlassung bedeutender Schulden nach Wien durch.

Bis 1771 wies die Fabrik ein Defizit von 33.800 Gulden auf. Um das Unternehmen zu retten, verband sich die Hauptgewerkschaft mit der Nürnberger Firma Niklas Christoph Sertz — aber auch dies blieb ohne Erfolg. 1776 wurde die Arbeit mit einem Gesamtdefizit von 70.000 Gulden eingestellt.

Dieser Fall zeigt deutlich, wie konfus die Planung in Eisenerz war. Von Wien kamen Vorschläge und Befehle — oft praktisch wertlos — und die vermittelnde Behörde in Eisenerz war gezwungen, dazu Stellung zu nehmen. Auf diese Art bildete sich ein Zustand heraus, der in seinem chaotischen Durcheinander auch für das Schicksal des Oberbergrichters Ferch ausschlaggebend war. Wie zahlreiche andere Bergbeamte betrieb Ferch in eigener Regie einen kleinen Kupferbergbau in der Radmer. Das war bei der damaligen Aufsplitterung der Berggründe nichts Außergewöhnliches. In Kallwang wurden Schurflizenzen sogar an einzelne Bergknappen verteilt, so dass die Arbeit bei den dortigen Kiesbergbauen zeitweilig zu leiden hatte (Rep. 1749, Fasz. V, Ruhr. 38).

Diese Bergbauunternehmung wurde anscheinend zum Unglück Ferchs. Er kam in Schulden, konnte Frohn und Steuern nicht mehr zahlen (Rep. 1749!) und starb schließlich nach einem vollkommenen wirtschaftlichen Zusammenbruch kurze Zeit nach dem Prozess als ruinierter Mann.

Ähnlich tragisch ist das Schicksal des Hofkammerrates Heräus, der sich und seine Umgebung durch seine fanatische Begeisterung für den Bergbau zugrunde richtete.

Heräus hatte 1719 in der Veitsch im Mürztal einen Bergbau auf Kupferkies eröffnet. Da die Veitsch eigentlich eine Sideritlagerstätte war, hatte er dauernd mit der großen Absätzigkeit des Kupfererzes zu kämpfen. Nach einigen Jahren begann Heräus den Bergbau dadurch zu finanzieren, dass er verschiedene — ihm durch seine Stellung im Wiener Münzamt leicht zugängliche — Denkmünzen und Siegel verkaufte. Als dieser Diebstahl aufgedeckt wurde, ließ man — vielleicht durch den Fanatismus des Heräus beeindruckt — Milde walten und entfernte den Mann lediglich aus seinem Amte. Und nun ist es bezeichnend für die brennende Begeisterung des Heräus für seine Sache — trotz dieser Vergangenheit gelingt es ihm, einen Wiener Adeligen dazu zu bewegen, ihm sein ganzes Vermögen für die Weiterführung des Bergbaues zur Verfügung zu stellen. Nach kurzer Zeit war auch dieses Geld vom Bergwerk verschlungen und die beiden Gewerken standen vor einem vollständigen Bankrott.

Andererseits zeigt uns das Beispiel der Gewerkendynastie Heipl-Mensurati, dass Genie und Zähigkeit doch auch zum Erfolg führten. Leopold Heinrich Heipl, ein Grazer Arzt, hatte 1743 mit dem Abbau der silberhaltigen Bleierze im Raum von Deutsch-Feistritz in der Mittelsteiermark begonnen. Auch er hatte schwer um Rentabilität zu kämpfen. 1751, nach seinem Tode, übernahm die Witwe die Leitung des Betriebes und konnte den Bergbau in vergrößertem und gefestigtem Zustand ihrem Sohn Johann Nepomuk übergeben. Heipl jun., welcher von Anfang an daheim und an der Bergschule Schemnitz für seine Tätigkeit als Gewerke ausgebildet worden war, vereinigte innerhalb von zehn Jahren sechs der acht mittelsteirischen Bleibergbaue in seiner Hand. Seine Wasserkünste wurden zum bewunderten Studienobjekt für Fachkollegen aus Russland und dem Norden Europas. Um 1780 war die Mittelsteiermark durch die Arbeit Heipls an die Spitze der Bleiproduzenten der Monarchie gerückt. Die Arbeiterzahl erreichte die des steirischen Erzberges. Allerdings konnte sich Heipl gegen die übermächtige Konkurrenz von Bleiberg nur kurze Zeit halten. Aber seine Arbeit zeigte, was man mit zähem Fleiß und Fachkenntnis im Bergbau leisten konnte.

Es waren — im großen gesehen — immer dieselben Schwierigkeiten, mit welchen man im 18. Jahrhundert zu kämpfen hatte: Wassernot und Brennstoffmangel. Besonders die zweite Schwierigkeit richtete zahlreiche Bergwerke zugrunde. Denn der Bergbau benötigte Holz — Grubenholz und Brennholz. Schon in den früheren Jahrhunderten tobte ein unterirdischer Krieg zwischen den privaten Gewerken und den Bauern, welche das Holz gar nicht — oder zu maßlos überhöhten Preisen verkauften. Vielfach versuchte der Landesherr, den Bergbau durch Erpressung auf billige Art in seine Hände zu bekommen.

Die Bergbaue am Erzberg und innerhalb der „Eisenwurzen" waren durch Landes- und Staatsgesetze geschützt. Sie erhielten ein bestimmtes Holzquantum zugewiesen — freilich manchmal auch zuwenig, so dass man 1726 den Versuch machte, die Fohnsdorfer Kohle zu verwerten. Trotz der eingehenden Versuche in einem Probe-Hochofen in Leoben (StLA., Innerberger Akten, Fasz. 23) erwies sich die Kohle als unbrauchbar. Der Abbau im Gebiet von Fohnsdorf ist nachgewiesen seit 1718. 1767 war Weidinger „Repräsentant der Steinkohlen-Societät".

Im Jahre 1772 erwarb Heipl jun. die Fohnsdorfer Kohlengruben; sie lieferten ihm zusammen mit dem Holz aus dem „Heiplschlag" auf der Gleinalm das für seine vier Schmelzhütten notwendige Brennmaterial.

Aber nicht alle Gewerken waren finanziell in der Lage, auf diese Art einem Brennstoffmangel vorzubeugen.

Der Bergbau auf Magneteisenstein, der schon seit dem Mittelalter am Plankogel bei Birkfeld in der Oststeiermark umging, brach infolge der ungünstigen Versorgungssituation der grubennahen Schmelzhütten und infolge des teuren Transportes zu den grubenfernen Verarbeitungsplätzen immer wieder zusammen. 1783 begann der Graf Konrad von Trautmannsdorf mit dem Abbau und errichtete eine Schmelzhütte am Plankogel (Rep. 1783, Fasz. 21/Rubrik 128). Etwas später kaufte er das Schmelzwerk in Birkfeld, rückte also vom Erzgewinnungsort ab, und noch später verlegte er die Hauptverarbeitung der Erze nach Ratten in der Nordoststeiermark, in eine waldreiche und braunkohlenführende Gegend. Aber die kostspielige Fracht zwang den Grafen bald, Bergbau und Verarbeitungsbetriebe zu verkaufen.

Ein Extrem in der Brennstoffmisere trat beim Kupferbergbau Kallwang ein (Rep. 1749). Es fehlte nicht nur an Bau- und Grubenholz, sondern sogar auch an Brennholz für den Privatbedarf der Knappen! In mehreren Eingaben beim Oberberggericht beschwert sich der Dorfrichter von Kallwang über die Bergknappen, „die für sich Holz aus dem Gemeindewald nehmen". Das Oberberggericht gab die Klage an die vorgesetzte Stelle weiter — allerdings mit dem Zusatz versehen, dass die Knappen „arm" seien. Immer wieder ist den Berichten von den „armen Knappen" die Rede. Demzufolge wurde der Streit auch ohne Bestrafung gütlich beigelegt.

Ein Kuriosum in der Brennstoff-Frage stellt die Verwendung von Torf durch die Hammerwerke der Eisenwurzen dar. Seit 1761 wurden die Torflager im Ennstal (besonders bei Admont) abgestochen und der Torf als Brennmaterial auf der Enns verflößt.

Wir haben schon gesehen, wie Menschen der verschiedensten Berufe und Stände ihr Glück im Bergbau versuchten. Fast immer waren es Menschen ohne jede Voraussetzung für eine bergbauliche Arbeit. Nehmen wir noch einmal die mittelsteirischen Bleibergwerke als Beispiel, so finden wir als Gewerken: einen Arzt, einen Hafnermeister, einen Hofkammersekretär, einen Postmeister, das Stift Vorau, mehrere Bauern, einen Chirurgen, einen ausgedienten Offizier.

Und so scheint es gar nicht verwunderlich, dass sogar der Pfarrer von St. Stephan bei Leoben seine Schurfansprüche bei einem „Chrystallen-Bruch" anmeldete (Rep. 1749, Fasz. II/Rubrik 29). Anscheinend war der Pfarrer einem Irrtum zum Opfer gefallen und glaubte, in verschieden gefärbten Quarzen wertvolle Edelsteine zu finden, denn die Sache wurde mit großem Eifer beim Oberbergamt verfochten. Dreimal innerhalb eines Jahres (1755) fragte der eifrige Pfarrer an, wie es um die „Chrystalle" stehe. Auch die Hofkammer erkundigte sich in Eisenerz. Von zwei Seiten gedrängt, antwortete schließlich die Bergbehörde: „ . . . womit in Rückantwort errinnert wird, daß die anhero angeschloßenen Blauer Saphir-Aehnlich-Steiner, Bey von hießigen Steinschneider Tormayer geführter Prob schlecht Befunden worden" (Rep. 1749, Fasz. IV/ Rubrik 25, 1756). Und als amtlicher Schlusspunkt der leidigen Angelegenheit folgte die „Chrystallenbruchsspesenverrechnung".

Der Pfarrer von St. Stephan steht in seiner Hartnäckigkeit nicht allein da. 1755 suchte Paul Prantstätter um die Verleihung des Kobalterzbergbaues bei Schladming an; er möchte das Erz nach Hallein an eine Glockengießerei verkaufen. Das Oberberggericht lehnte das Gesuch ohne Angabe von Gründen ab. 1756 wurde das nächste Gesuch eingebracht und wieder abgewiesen. Im nächsten Jahr konnte Prantstätter die behördlichen Schranken wenigstens so weit durchbrechen, dass ein einheimischer Glockengießer das Erz auf seine Verwendbarkeit hin untersuchte, allerdings mit dem Erfolg, dass die Lizenz erst recht versagt wurde. Auch eine Untersuchung des Bergbaues selbst änderte an der Sachlage nichts. Ein wenig später bat ein Mathias Scharf um eine Lizenz für einen Zinkbergbau bei Schladming. Aber das Oberberggericht durchschaute den Plan und lehnt das Gesuch „auf Zink, aber viel mehr auf Kobalderz" ab.

Schlagartig tauchen aus dem Dunkel der Bergbaugeschichte Gestalten auf, hell in das Licht ihrer vielfältigen Tätigkeit gestellt. Wir erkennen die große Gestalt Heipls und die skeptischen Gesichter der Bergrichter.

Und plötzlich sehen wir einen Mann mit einem schlauen Lächeln im Mundwinkel. Es ist dies Ignaz von Reichenberg — Gewerke und Gutsbesitzer, Fabrikant und Hammerherr, Großhändler und Montanist. Reichenberg — ein Hasardeur, ein Glücksritter des Bergbaues.

Ignaz Reichenberg stammt aus einer bürgerlichen Familie. Schon früh erkannte er die Gewinnmöglichkeiten beim Bergbau. 1772 beteiligte er sich beim Bleibergbau Arzberg bei Passail in der Oststeiermark. Er wurde zum alleinigen Gewerken, verkaufte die Gruben und erwarb Baue in der Umgebung von Ratten. Gleichzeitig pachtete er das Mariazeller Eisenwerk und eröffnete in Niederalpl bei Mariazell einen Eisenbergbau. In der Nordoststeiermark wurden die alten Bleigruben bei Rettenegg wieder gewältigt und die Braunkohlen von Ratten ausgebeutet. Brennstoff war vorhanden, also wurde in Ratten ein Hammerwerk angelegt. Das Geschäft gedieh und es wurde ein zweites gegründet. Eine Schmelzhütte in Ratten wird an den Gewerken vom Plankogel verkauft. Das so gewonnene Geld wird in eine neue Unternehmung gesteckt: Alaunbergbau bei Wartberg im Mürztal und Vitriolerzeugung in Krieglach. Dazu ein neues Hammerwerk in Feistritz bei Langenwang. Reichenberg eilte von Erfolg zu Erfolg — er witterte überall sein Geschäft. Als der Kaffee versteuert wird, gründet er in Arzberg eine „Zichorienfabrik" und erzeugt Kaffee-Ersatz. Er schreibt ausführliche und gescheite Abhandlungen- über Reformen im Bergbau, er beschäftigt sich mit sozialen Problemen seiner Bergknappen. Schließlich erhält er von Maria Theresia den Adelsbrief.

Der steirische Bergbau des 18. Jahrhunderts war getragen von Menschen mit mehr Plänen als Erfahrungen und mehr Begeisterung als Geschäftssinn. Und doch erwies sich diese Entwicklung für die kommende Zeit als günstig: zeigte sie doch klar auf, was am Bergbau alt und endgültig zu beseitigen war. Das zu tun blieb allerdings einer anderen Zeit vorbehalten. Denn „Reformvorschläge" . . .

Im Jahre 1751 versah das Oberberggericht den Reformvorschlag des Dr. Tirmann mit der Floskel „Pro memoria" und legte ihn, versehen mit einer Reihe von höflichen — aber skeptischen — Anmerkungen ins Archiv.

Literatur und benützte Quellen: Die wichtigsten Quellen finden sich in den Akten des Eisenerzer Oberberggerichtes (Steir. Landesarchiv). Wichtige Angaben über die mittelsteirischen Bergbaue zur Zeit Heipls sind in den „Notizen..." von R. Rosegger enthalten. (Unveröffentlichtes Manuskript, Steir. L.-A., Handschrift Nr. 1107.)
Aigner, A. — Die Mineralschätze der Steiermark (1907).
Canaval, R. — Die Kiesvorkommen von Kallwang in der Obersteiermark und der darauf bestandene Bergbau (Mitt. Naturwiss. Ver. Steiermark 1894).
Flügel, E. — Johann Nepomuk Heipl — ein steirischer Gewerke des 18. Jahrhunderts (Neue Chronik, Beil, zur Südost-Tagespost, Nr. 21, 1954).
Flügel, H. und E. — Geschichte, Ausdehnung und Produktion der Blei-, Zinkabbaue des Grazer Paläozoikums. IV. Besitzverhältnisse, Zusammenfassung und Schluß (Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, Leoben, Jahrgang 98, Heft 10, 1953).
Miller, A. — Die steiermärkischen Bergbaue als Grundlage des provinziellen Wohlstandes (1859).
Pantz, A. v. — Die Innerberger Hauptgewerkschaft 1625—1783 (Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark, Band VI, Heft 2, 1906).
Pirchegger, H. — Das steirische Eisen  (1924).
Redlich. — Die Kupferschürfe des Heräus in der Veitsch (Ost. Z. f. Berg- und Hüttenwesen, 1903).
Reichel, R. — Kleine Beiträge zur Geschichte des steirischen Bergbaues im Zeitalter des österreichischen Erbfolgekrieges (Mitt. Hist. Ver. Steiermark, 1889).
Schmut, J. — Oberzeiring (1904).
Die Notizen über den nordoststeirischen Bergbau und die Gruben im Raum des Plankogels stammen aus einem fertig vorliegenden Manuskript des Verfassers. Sie stützen sich auf Archivstudien und Untersuchungen im betreffenden Gebiet.

Quelle: Erik Flügel, Steirischer Bergbau vor 200 Jahren. Ein Querschnitt durch die steirische Bergbaugeschichte des 18. Jahrhunderts. In: Blätter für Heimatkunde, Herausgegeben vom Historischen Verein für Steiermark, 31. Jahrgang, Graz 1957, S. 115 – 122.
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