807 - Ausdehnung der Bewegung nach Pustertal


Klausen abgefangen, 1) eine nach Brixen bestimmte Verstärkung musste sich förmlich durchhauen. Allmählich ergriffen Kolbs Alarmierungen immer weitere Kreise. In Schalders zeigten sich die Sarntaler, die von Vals, Meransen und Rodenegg schlossen sich zusammen und hatten ihr Absehen auf die in Mühlbach exponierte Kompagnie. Auch dort wurde es auf der Strasse unsicher, die französische Militärpost konnte nicht mehr verkehren. Die Mühlbacher Klause barg wieder bäuerliche Besatzung. Ein erstes Mal hatten sich die Rodenegger durch die Bitten der Gemeinde Mühlbach bestimmen lassen, vom Sturm auf den Ort abzustehen, freilich unter der höchst bedenklichen Bedingung, dass es überhaupt in der Nachbarschaft ruhig bleibe. Nun rückten aber auch die Männer von Vintl, Weitental und Pfunders heran. Die Mühlbacher Kompagnie sieht sich in ein heftiges Geplänkel verwickelt und schickt in ihrer Not zu Moreau um Hilfe. Mit klingendem Spiel rückt ein Bataillon von Brixen aus, die erstaunten Bauern lassen es vorüberziehen, es nimmt die gefährdete Kompagnie auf und rettet sie auf stillem nächtlichen Marsch nach Brixen. Das Beispiel um Mühlbach wirkt weiter. Auch General Almeras in Bruneck sieht sich von den Aufgeboten aus Oberpustertal, Taufers und Enneberg blockiert.

Unterdessen hatten sich Kolbs Scharen, die allmählich auf etwa 1800 Köpfe angewachsen waren, an eine Art Belagerung von Brixen gemacht. Die stärksten Haufen zeigten sich im Walde von Köstland und am Schlösschen Trunt, auf der andern Fluss-Seite an den Höhen von Tils. Seit dem 27. hörte man fortwährendes Gewehrknattern, auch mit zwei Geschützen operierten sie. Moreau antwortete mit seinen Kanonen, die am Schiessstand und im Seminargarten aufgestellt waren. Schaden hat dabei keiner dem andern zugefügt. Aber die Unterbindung der Kommunikation brachte den Franzosen eine arge Verlegenheit: die Nahrung ging in der Stadt auf die Neige, auch an Munition trat nach einigen Tagen Mangel ein. 2) Die Spengler mussten ihr Zinn dargeben. Die zuwartende Haltung Moreaus und dass einzelne ausfallende Kolonnen alsbald vor dem Feuer der Bauern zurückwichen, erhöhte deren Selbstvertrauen. Kolb, jetzt im Vintlerschen Edelsitz Platsch residierend, arbeitete mit allen Lockstücken seiner zügellosen Einbildungskraft. Und damit nichts fehle, kursierte ein Brief Hofers an Peter Mayr, wo von einer neuen Passeirer

1) Hohenhausen wurde nach Gufidaun gebracht, doch gut behandelt. Cop. seines Briefes an s. Vater in J. M.
2) Briefe der Mautbeamten Paur und v. Reindl aus Brixen nach München v. 30. Nov.—7. Dez. M. St. Sie berichten schon am 30.: Da die Lebensmittel zu Ende gehen, ist die Teurung aufs höchste gestiegen. Das Kostgeld beträgt für den Mann 4 G., ein Pferd kostet sogar 6 G. „Wenn nicht von Klausen Rettung kommt, so sind wir verloren."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 807

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.