765 - In Pustertal erneuerter Aufstand


Vorwürfen über Hofers „unbegreiflichen" Wortbruch, der großes Unheil über das Land bringen werde, empfing sie dort Baraguay d'Hilliers. Danei entschuldigte den Oberkommandanten mit seiner Unselbständigkeit. Der Franzose wollte die zwei Freunde nicht ziehen lassen, es würde ihnen bei den wütenden Bauern das Leben kosten. Sie liessen sich nicht aufhalten. In nächtlicher Stunde passierten sie zunächst auf der Strasse vor dem Städtchen einen langen Park von Wagen und Geschützen, auch dem fluchenden Rusca traten sie da nochmals unter Augen, nach einer kurzen Strecke trafen sie bereits auf die tirolischen Vorposten. Das bäuerliche Lager betretend, konnten sie sogleich sehen, wie der von Kolb ausgestreute Unheilsame üppig in die Halme geschossen. Dieser Schwarmgeist hatte unterdessen wichtige Bundesgenossenschaft bekommen. Männer wie der Mahrwirt, Kofler von Miland, 1) Peter Kemenater, alles angesehene, bewährte Hauptleute, hatten sich berücken lassen. 2) Dass bei Weidbruck mit Peyri siegreich gerauft wurde, war schon bekannt und steigerte die Wärmegrade. Nicht edle Begeisterung war es, was den beiden Boten entgegentrat, sondern massive Wildheit. Als ,,Spitzbuben", welche vogelfrei seien, wurden sie empfangen. Danei forderte den Hauptmann zu sprechen. Der „Peter" — es wird wohl Mayr oder Kemenater gewesen sein — war nicht gleich zur Stelle. Sein Erscheinen ließ Danei wenigstens zu Worte kommen. Ausführlich erzählte er von den Abmachungen mit Hofer in Steinach und vom Empfang in Villach. In seinem Eifer entschlüpfte ihm der Satz, Hofer scheine durch „abgehauste Lumpe" zum Umfallen gebracht worden zu sein. Und nun brach es gegen den geistlichen Redner los: „Was Lumpen? Uns geht kein Kaiser und kein Bischof etwas an. Die Pfaffen sind schon alle lutherisch. Zum Sandwirt darf man keinen Herrischen mehr lassen. Macht er sich von diesen nicht

1) Mit dem Schreibnamen Jakob Steiner.
2) Aus der damaligen Korrespondenz dieser Männer gebe ich einen Brief Kemenaters an Martin Schenk. Mühlbach 5. Nov. 8 1/2 Uhr ab.: „Du wirst ersucht, dem Mahrer Wirt zu berichten, dass er möglichst viele Leute mitbringt und sie mit Lebensmitteln für einige Tage versieht, auch Pulver und Blei nach Mühlbach liefert. Die Leute sollen sobald als möglich kommen, denn wir haben viele Posten zu besetzen. Der Feind ist schon bis St. Sigmund gekommen. Aber unser Mut ist noch nicht gesunken. Denn so viel haben wir uns schon jetzt gezeigt, dass der Feind Halt machen musste. Er soll 6000 Mann stark sein. Er teilte sich bei Sonnenburg. Ein Teil ging rechts, ein Teil links, ein Teil bei der Strasse voraus, ich hoffe, ihr lasst uns nicht stecken und werdet die gehörigen Vorkehrungen treffen. Der Mahrer soll nur eilig heraufkommen, denn ich allein kann unmöglich an allen Orten Anstalt treffen. P. S. Zugleich wird gebeten, dass nur der Landsturm von allen umliegenden Orten aufgeboten wird, indem es höchste Zeit ist. Dem Oberkommandanten Hofer soll auch Bericht gegeben werden." M. St. (Aus der 1811 konfisz. Korrespondenz Schenks.) Die Synchron. Übers. a. a. O. notiert zum 5.: „Kolb erscheint wieder wie eine wilde Furie, alarmiert das überall glücklich zur Ruhe gebrachte Volk durch lügnerische Ausstreuungen und fürchterliche Drohungen."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 765

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.