760 - Regierung Drouets


des Sandwirts, welche Thurnwalder überbracht hatte, zur allgemeinen Kenntnis: „Das wird euch Tirolern doch alle Zweifel lösen." Am nächsten Tage, den 4. November, im Besitze einer präziseren Friedensversicherung Hofers, veröffentlichte sie Drouet sogleich und befahl abermals Rückkehr zur Ruhe: „Jetzt ist kein Grund mehr zur Empörung. Wer nach 24 Stunden mit den Waffen ergriffen wird, verfällt der Hinrichtung. Jeder Unruhestifter ist anzuzeigen. Orte, wo noch Feindseligkeiten vorkommen, zahlen 1000 G. Strafe oder werden niedergebrannt. Den Soldaten sind Ausschreitungen untersagt." Alle diese Verordnungen erließ Drouet, der französische General, ohne dabei Bayerns und seines Königs mit einem Worte zu gedenken. Man hatte in München das Gefühl, dass bei der Beruhigung des Landes der Souverän, der sich noch immer als dessen Herrn betrachtete, nicht völlig zu umgehen wäre, dass er dem Lande ein Wort von Gnade zu sagen hätte. Aber mit solchen selbständigen Regungen wagte man sich schließlich doch nicht hervor. 1) Vorsichtig erweiterte Drouet den Kreis der Beaufsichtigung gegen Süden. Die Schanzen am Isel wurden vollständig abgetragen, die dortigen Wälder niedergelegt. In den folgenden Tagen gingen seine Abteilungen bis Schönberg und Matrei, alle Orte des Mittelgebirges erhielten

1) Gutachten des Ministeriums des Innern, München, 4. Nov. (M. St.): „Nachdem nun der Besitz der tirolischen Hauptstadt gesichert ist und man auch in die andern Täler wird vordringen können, so möchte es wohl an der Zeit sein, dass im offiziellen Weg den Aufständischen bekannt gemacht wird, was sie von einer schnellen Unterwerfung zu erwarten haben. Im Wiener Frieden, welcher den Aufständischen vielleicht nicht einmal seinem vollen Wortlaut nach bekannt gemacht wurde, ist nur ausgesprochen, dass Napoleon sich verpflichte, den Tirolern Verzeihung auszuwirken. Dass sie aber ausgewirkt worden sei, ist den Aufständischen noch nicht gesagt worden. Denn die Proklamation des Vizekönigs spricht über diesen Punkt nicht deutlich und scheint selbst eine Erklärung des Souveräns vorauszusetzen. Es ist sehr zu zweifeln, ob bei dem Schrecken, den unsere Truppen verbreiten und bei der Scission, die unter den Aufständischen selbst zu herrschen scheint, die amtliche Verkündigung einer wenn auch noch so beschränkten Amnestie die Wirkung verfehlen würde. Jedenfalls würde sich ein Versuch empfehlen. Denn noch ist kaum die Hälfte des Innkreises bezwungen, die Forcierung des Brenner und die Beruhigung des Oberinntales macht eine Verteilung der Truppen notwendig, was immer noch gefährlich sein kann, da auch die Ruhe in den besetzten Gegenden noch nicht sicher ist. Wohl wird das Vordringen des Vizekönigs die Unterwerfung vollständig machen. Aber es würde doch besser sein eine Unterwerfung in Güte als durch fremde Truppen. Wird noch weiter Gewalt gebraucht, so wird nicht nur das Land, ein Fünftel der Monarchie, entvölkert und zerstört, sondern es wird noch mancher Brave fallen müssen. Und misslingt auch der Versuch der Güte ganz, so verschafft er doch der Regierung vor Mit- und Nachwelt das Zeugnis, dass sie nichts unterlassen hat, was die Beendigung auf friedlichem Wege herbeigeführt hätte. Unsere Würde würde durch eine solche Erklärung, die, auf Verwendung Napoleons und in der gegenwärtigen Stellung der Truppen abgegeben, nur als ein Akt der Gnade angesehen werden könnte, nicht verletzt werden." Der Indorsatbescheid lautet: „ad acta, bis über die vom Vizekönig zu treffenden Verfügungen etwas Näheres bekannt wird."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 760

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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