744 - Hofer neigt zum Frieden


die notwendige Anzahl der Exemplare herzustellen. Eine förmliche Abberufungsordre entstand dabei freilich noch nicht; die Leute sollten noch in ihren Stellungen verharren, doch keinen feindlichen Akt mehr begehen. Auch mit den Bayern, und zwar mit dem Kronprinzen, oder mit dem Vizekönig war Hofer geneigt, in Verbindung zu treten. Er schwankte nur noch, mit wem von den beiden. Als ihn jemand mahnte, er möge sich lieber an die Deutschen halten, entschloss er sich für den ersteren. Unter den Anwesenden wurde einer, Karl Thurnwalder, bestimmt, ein die Unterwerfung einleitendes Schreiben des Sandwirts in das bayrische Hauptquartier zu befördern. Mündlich hatte derselbe um eine vierzehntägige Waffenruhe anzuhalten. 1)

Roschmann hatte, wenn er es nicht mehr nötig hielt, die eingetretene Friedensstimmung zu befestigen, im Lager Hofers nichts mehr zu suchen. Er rüstete zur Abreise. Das Papiergeld, das er noch in Händen hatte, übergab er dem Oberkommandanten mit dem zeitgemäßen Beisatz, es sei nicht mehr für die Verteidigung bestimmt, da diese nun aufgehört habe, sondern zur Belohnung „wesentlicher" Dienste. Dabei soll er ins besonders auf Eisenstecken, Holzkneckt und Purtscher verwiesen haben. 2)

1) In dem von Drouet am 3. Nov. publizierten Briefe Hofers vom 29. Okt. ist von der Waffenruhe direkt nichts gesagt. Der Brief lautet: „Ein soeben eingelangter Kurier des E. Johann hat die Bestätigung des Friedens gebracht. Beruhigt, dass das Schicksal des Landes der Großmut des französischen Kaisers und des Königs überlassen .ist, habe ich sogleich Abgeordnete zum Vizekönig geschickt, um das Nähere mit ihm zu verhandeln." — Dass damals schon Gesandte Hofers nach Villach gingen, ist sonst nirgends bezeugt. Die Forderung der Waffenruhe erwähnt Hofer in dem von Rapp, 702 publ. Brief an Straub. — [Nicht Hofer, sondern die besonneneren Elemente Pustertals schickten damals zu Beauharnais. Ihre Sprache ist dieselbe, wie die Hofers gegenüber den Bayern. Ihre Erklärung (Lienz, 27. Okt.) lautet: „Diesen Augenblick erhalten [wir vom E. Johann die Mitteilung, dass das Haus Österreich infolge des Friedensschlusses Tirol nicht mehr als einen Teil seiner Monarchie betrachtet. Diese Nachricht würde niederschlagend sein, wenn nicht dieses Land der Großmut des Kaisers Napoleon empfohlen worden wäre. Von dieser Großmut erwarten wir die Erlaubnis, Gesandte unseres Volkes zu senden und um Gnade zu bitten. Wir haben bereits unsern Vorpostenkommandanten den strengsten Befehl gegeben, sich sogleich innerhalb der Grenzen unseres Landes zurückzuziehen. Wir bitten aber auch um den Befehl, dass die bayrischen Truppen, wenn sie bereits bis Innsbruck vorgedrungen sind, von dort über die Grenze von Kufstein zurückgezogen werden. Dann werden sich Abgeordnete des Landes sogleich in Innsbruck versammeln und sich gegen Napoleon erklären, ohne von bayrischen Kommissären gestört zu werden. Wir ersuchen daher um einen Verzug von 14 Tagen, um alles, was die Ordnung erfordert, zustande zu bringen und den französischen Kommissären jenen Respekt, zu verschaffen, den die Ehrfurcht gegen Napoleon erfordert." Unterschrieben sind: Wörndle, Steger, Major Pühler, Landrichter K. Mayer, Bürgermeister J. Röck in Lienz, Michael Hueber, Michael Deffregger. H. M. Dieses Schreiben überbrachte Pühler nach Villach. Sollte die auffallende Erwähnung „bayrischer Kommissäre" den Schluss erlauben, dass doch etwas von Napoleons Befehl an Rusca (ob. p. 700) nach Tirol durchgesickert ist?
2) Purtscher in s. Eingabe an das Kreisamt Imst 26. Juni 1819. A. W.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 744

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.