699 - Dipauli und Hofer


geleistet wurde. Ein einziger Fall ist bekannt, bei dem sich Hofer zu ungewohnter Härte gegen einen feindlichen Offizier hinreißen ließ. Am 29. September trafen in Innsbruck gegen 300 Mann ein, die in den Gefechten bei Lofer gefangen worden waren. Sie wurden dem Sandwirt, der auf dem Balkon der Hofburg stand, vorgeführt. Man hatte ihm hinterbracht, es sei ein Hauptmann darunter, welcher beleidigende Reden geführt und Befehle zur Brandlegung erteilt habe. 1) Das brachte Hofers Blut in Wallung. Von der Altane aus rief er der Schar der Gefangenen zu: „Enk gschicht nix, ös weards guet verpflögt, aber wo ist enker Hauptmann?" Hauptmann Osterhuber trat vor. Und nun regnete es eine Serie von Beschimpfungen über den „Lumpen und Mordbrenner" herab: „Megst, wann d' kunnst, s gånze Landl unglücklich machen? Was håbn mir armen Tiroler enk tån, dass ös a so mit uns umgeats? I will enk Boarn s brennen scho austreibn, marsch ins Stockhaus!" 2) Nach einigen Tagen ließ Platzkommandant Lochau den Hauptmann aus dem dumpfen Gefängnis nach dem einsamen Bergdorf Griess in Seilrain überführen, wo der Pfarrer Ambros Denk im Auftrag des Wiltener Abtes für ein möglichst behagliches Dasein des Gefangenen besorgt war.

Während der Verhandlungen über die Freigebung der Miesbacher machte Dipauli von München aus einen Versuch, „seinem armen Vaterland nützlich zu sein". Er tat es, wie er versicherte, ganz aus eigenem Antrieb, ohne Wissen der bayrischen Regierung. Zwei Briefe gingen von ihm an Hofer. Erst jetzt, so schreibt er, wende er sich an den Oberkommandanten, weil, solange Hormayr und die österreichischen Truppen im Lande waren, jede wohlmeinende Absicht vereitelt worden wäre. Widerstand sei fruchtlos, das geschlagene Österreich werde bald einen nachteiligen Frieden schließen müssen, und über das verlassene Land werde der überlegene Feind den äußersten Grad des Elendes verhängen. „Wollen Sie, dass ich ein Werkzeug der Aussöhnung mit dem König werde, so schreiben Sie mir, und ich hoffe, Sie sollen mit meiner Verwendung nicht unzufrieden sein; wollen Sie aber nicht, so wird es mich nie reuen, Ihnen dies geschrieben zu haben." Er erklärte sich unter „hinreichender Sicherheit gegen Insulte und schlechte Menschen" bereit, sich zum Beweise dessen, was er schrieb, persönlich dem Sandwirt als Geisel zu stellen. 3) In der Innsbrucker Hofburg hatte man darauf keine Antwort.

Bei den besprochenen Annäherungsversuchen hat Napoleon dem bayrischen König die Hände gebunden, indem er die Verhandlung mit den Tirolern als unschicklich erklärte. Für ihn selbst bestand eine solche

1) Nach Rangger a. a. O. p. 71 soll er Kranewitten haben anzünden lassen; andere deuteten auf Schwaz.
2) Pusch, Danei, Stettner, Knoflach a. a. O.
3) Dipauli an Hofer 25. u. 26. Aug. J. M. Dar. auch Dipauli in „Meine Lage" a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 699

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.