676 - Das Spital in Neustift


Hofer in Grau mit roten Aufschlägen; mit ebensolchen Aufschlägen, aber mit grüner Montur versehen waren seine Kavalleristen, die Sandwirtsdragoner. Mit einem gewissen Stolz soll er auf diese seine Schöpfung geblickt haben. Zu ihrer Equipierung machte er gern selbst den Einkäufer und hat manches Fass Salz geopfert. So bestellte er Tuch, kaufte Pferde und Sattelzeug. Das Hauptkontingent lieferten ihm hiezu die noch immer zahlreichen Ranzionierten, wozu noch die aus dem Brixener Spital als gesund entlassenen österreichischen Soldaten kamen. 1)

Bei Erwähnung dieses Militärspitals erwacht die Erinnerung an eine Stätte des Elends, zu der sich dasselbe erst recht gestaltete, als mit dem Abzug der Österreicher der Zustand des Landes immer verwirrter wurde. Anstatt die transportablen Kranken mitzunehmen, hat das österreichische Kommando zu Anfang August das Spital in Brixen oder genauer zu Neustift im Kloster, wohin im Juli das anfänglich in Sonnenburg aufgeschlagene Feldlazarett übertragen wurde, noch mehr angefüllt. 2) Die Affäre an der Sachsenklemme brachte einen neuen Zuwachs von mehr als 300 Verwundeten. So beherbergte dieses Spital und das nahe Rekonvaleszentenhaus in Zinggen weit über 600 Marode und Blessierte. Der kommandierende Hauptmann Simonis war ohne alle Mittel zurückgelassen worden. Es fehlte an allem, an Wäsche, Betten und Bandagen. Nicht einmal Stroh war in genügender Menge aufzutreiben. Für Arzneimittel und Kommisbrot musste der Spitalskommandant, dem die Zentrale nur wenig anweisen konnte, schuldig bleiben. Die herumschweifenden Ranzionierten betrachteten das Spital als eine Art Transportsammelhaus und wollten darin noch verpflegt werden. Übermütige und rohe Stürmerhaufen statteten ihm lärmende Besuche ab, um die vorhandenen Waffen zu requirieren, wobei es zu plündernden Exzessen kam. Eine energische Weisung Hofers 3) tat dem zwar Einhalt, aber die Notlage dieser Ärmsten blieb durch drei Monate dieselbe, 4) Erst in der zweiten Hälfte Oktober

1) Die Tuchlieferung besorgte das Kaufhaus Habtmann. Ein Orginalauftrag Hofers an dasselbe v. 15. Okt. lautet: „Denen Dragonern sein Hemeter ausfolgen zu lassen aus Ursach, dass gar keiner keins hat." M. St. Battig schreibt in Pustertal, 14. Sept. eine Sammlung von Schuhen und Strümpfen für die Ranzionierten aus, die derselben völlig entbehren. Ger. Akt. Bruneck.
2) Simonis Bericht v. 23. Dez. 1809. J. M. Es heißt da: „Noch am 1. Aug. erhielt das Spital einen Zuwachs von 143 (zu den bisherigen 310 Kranken und 103 Kommandierten) und 2. Aug. von 27: unter diesen 170 waren 96 vom Lienzer Spital, von denen beim Abladen schon zwei tot waren."
3) vom 29. Aug.
4) Hofer an die Generaladministration, 18. Sept.: „Bezüglich dieses Spitals weiß ich nicht, was zu tun ist; es wird daher die Administration ersucht, ein Mittel zu treffen und das Nötige zu veranlassen." Am 3. Okt. bittet Simonis die Administration um etwas Geld, da seit dem 26. Sept. den Rekonvaleszenten und Kommandierten weder Gage noch Brot gegeben wurde. M. St. Ende Sept. waren noch 300 Mann im Spital. Die ärztliche Pflege besorgte Oberarzt Riesser mit dem Brixener Chirurg Liebl und dessen Söhnen. (Tir. Stimmen 1891 Nr. 39.)



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 676

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.