576 - In der Sachsenklemme am 5. August


hinter Unterau entweichen. Ein heftiger Regenguss brach zeitig am Nachmittag das Feuergefecht ab.

Die Tiroler hatten sich in die Berge geworfen, das Terrain war scheinbar für die Sachsen frei. Allein jenseits der Brixener Klause begann man sich wieder zu sammeln und zu verstärken. Der Rotbart, des Schlafbrechens gewohnt von der mitternächtlichen Mette her, durchflog ruhelos die Gegend um Brixen; nächtliches Sturmgeläute zauberte neue Stürmermassen herbei. Wer vom Frieden sprach, wurde, und war es auch ein Geistlicher, arretiert.1) Die Kämpfer vom 4. August, die sich vor den letzten energischen Vorstößen der Sachsen „kleinweis verzogen", 2) sammelten sich während der Nacht wieder, herbeieilende Verstärkungen hoben den gesunkenen Mut.

Ein anderes Bild gewährt die sächsische Division. Der Marsch bis zur zerstörten Peisserbrücke hatte ein paar hundert Mann gekostet. Notdürftig wurden die zahlreichen Verwundeten in Oberau geborgen. Die äußerst ermüdeten Truppen entbehrten aller Verpflegung. Durch einen Deserteur erfuhr man, dass die Tiroler zur Wiederaufnahme des Kampfes entschlossen seien. Ein aufklärender Vormarsch des Obersten v. Egloffstein über Unterau hinaus bis zur Klause erbrachte bestätigende Kennzeichen. Dies zusammen bewog Rouyer, auf weitere Forcierung der Strasse nach Brixen zu verzichten. Was er jedoch anbefahl, war eine schädliche Halbheit. Nur seine noch unverletzten Streitkräfte führte er nach Mitternacht gegen Sterzing zurück, 3) die ohnehin schon stark mitgenommenen Sachsen sollten die augenblicklich innegehabte Stellung behaupten. Bis in den nächsten Vormittag, so ward ihnen verheißen, würde Speise und Munition nachgeführt werden. Es war eine von vornherein höchst prekäre Lage, in welcher Egloffstein zu Oberau mit 1400 Mann und zwei Geschützen zurückgelassen wurde.

Am Morgen des 5. schritten die Tiroler an die Erneuerung des Kampfes. Er galt vor allem dem in Unterau stehenden Detachement, das schon während der Nacht beunruhigt worden war. 4) Ohne langen Widerstand zog es sich auf das bei Riol stehende Bataillon zurück. Auch dieses bekam alsbald einen harten Stand. Von Unterau her schoben sich die Haufen des Mahrwirtes vor, die Berglehne wimmelte von den Leuten Peter Kemenaters. Auf dem Fusssteig neben dem Eisack musste das Bataillon den provisorischen Flussübergang von Oberau zu gewinnen

1) Haspinger a. a. O.
2) Paul Wassermann a. a. O.
3) Auch diese Kolonne nahm auf dem Rückweg Schaden. Epplens Bericht v. 9. Aug. a. a. O.
4) Gruber spricht von einer „Visite", welche um Mitternacht den Sachsen im Wirtshaus zu Unterau gemacht wurde: „Sie rupften Enten und wir schossen darein."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 576

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.