487 - Leiningen, Jellachich


Erzherzog schrieb dies ohne Kenntnis der Sachlage; es war eine Unverfrorenheit, ein solches Schriftstück im Lande öffentlich zur Kenntnis zu bringen. Von einem Chasteler sich Mut einflössen zu lassen, betrachtete man als etwas Überflüssiges. 1)

Leiningen war seit den letzten Maitagen wieder in Trient, eine falsche Nachricht von der Bedrohung Südtirols hatte seine Rückkehr noch beschleunigt. Auch in Bozen fand man, dass er am Brenner bessere Dienste geleistet haben würde; und die Beamten Trients hätten auf die Anwesenheit des Grafen, dessen autokratisches Auftreten sie sich gefallen lassen mussten, gern verzichtet. 2)

Endlich ist noch eines militärischen Capo zu gedenken, worauf man sich während der ereignisreichen Maitage wiederholt in Tirol Hoffnung gemacht hatte, Jellachichs. Dieser wurde auf seinem Rückzug nach Graz von den Divisionen Greniers bei St. Michael ereilt und verlor in einem äußerst unglücklichen Gefecht zwei Dritteile seiner Mannschaft.

1) Hormayr, nie verlegen um Worte, hat später (19. Aug. 1809 an Zichy) eine vorteilhafte Seite von Chastelers Abzug entdeckt: „Ganz besonders trug zur Erhaltung Tirols bei, dass Chasteler durch Kärnten hinausbrach und sich über Völkermarkt und Warasdin mit Johann vereinigte, während Schmidt mit seiner verhältnismäßig schwachen Arrieregarde wieder nach Tirol hineingedrückt wurde. Dadurch wurde nicht nur sogleich der untergeordnete Zweck erreicht, das ganze schreibende Hauptquartier mit Bagage und Kasse zu retten, sondern auch ganz Oberkärnten und Pustertal von Ruscas unmenschlichen Bedrückungen frei zu halten und Tirol den Rücken zu decken, dessen Behauptung unmöglich gewesen wäre, wenn das Pustertal offen blieb. Dadurch kam ein neuer Gang in die Landesverteidigung Pustertals." Nach anderer Seite ebenso übertreibend schreibt Hormayr II, 200: „Es lag in Chastelers Hand, jetzt, wenn er in Tirol blieb, eine gewaltige Rolle zu spielen. Verstärkt durch die vielen Ranzionierten, hatte er eine Macht, der München und Augsburg nicht widerstehen und womit er eine Weile zwischen dem Inn, der Iller und dem Bodensee ungehindert den Meister spielen konnte." Ähnlich auch II, 315. Solange Hormayr in Tirol weilte, hütete er sich weislich, eine Lanze für Chasteler zu brechen. Auf einer Konferenz in Bozen (Hepperger a. a. O.) am 17. Juni sprach er nur von der Untätigkeit des Generals und wie derselbe das Vertrauen eingebüsst.
2) Bericht des Kanzleidirektors Franz v. Riccabona (M. St.): „Während der ganzen Zeit hatten wir (in Trient) viel zu leiden. Besonders stark war es unter Leiningen, der hier als Alleinherrscher auftrat. Er sagte offen, er sei hier Kaiser." Was von bayrischen Beamten noch in Trient weilte, floh bei Leiningens Rückkehr nach Verona, so Finanzdirektor Widder und Graf Seinsheim.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 487

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.