350 - Beklagenswerte Exzesse


Salzburger Jägern und einer Abteilung von Hohenzollern nach Scharnitz, eine ebensolche Abteilung mit Jägern nach Reutte und ein kleines Jägerdetachement auf den Arlberg. 1) Den Zusammenlauf der einheimischen Mannschaften besorgte Teimer. Es war noch alles von den früheren Aufrufen und Ereignissen her in Bewegung. In Innsbruck gab es nichts mehr zu tun, desto leichter ließen sich die Leute nach andern Orten dirigieren. Auf den ersten Wink Teimers trafen in Seefeld die Kompagnien von Nauders, Laudegg, Silz und Petersberg unter den Hauptleuten Zangerl, Jos. Hirn und Marberger ein. Auch Senn ging mit. Sie waren nur der Kern für eine noch weit größere Stürmermasse, welche sie begleitete. Selbst aus dem innern Ötztal kamen Leute herbeigeeilt. Nüchtern blickende Männer gestatteten sich die Frage an Teimer, wozu solch ungeordnete Menge dienen sollte. Daraufhin gab derselbe den Stürmern den Laufpass und erklärte, bloß der organisierten Kompagnien zu bedürfen. 2) Aber nicht alle Abgedankten wandten sich der Heimat zu, sondern viele begleiteten nach Art der Marodeure die nach Bayern vordringenden Soldaten und Schützen. Die bis nach Benediktbeuren streifenden regulären Truppen lebten auch nur von Requisitionen, die sie trieben gegen Ausstellung von Lieferungsscheinen. Die Bevölkerung zeigte sich willig und nicht unfreundlichen Sinnes. 3) Ergrimmt wurde der bayrische Bauer erst durch die Ausschreitungen jener gänzlich disziplinlosen Nachzügler des tirolischen Landsturms. Von Mittenwald an und ganz besonders, als sich Taxis von Benediktbeuren wieder zurückwandte, erlaubten sie sich die schlimmsten Exzesse. Raub und Erpressungen kennzeichneten ihren Weg. Besonders arg trieben sie es auf dem königlichen Gute Schweiganger, wo sie die Gebäude halb demolierten, den Keller gründlich leerten und dem Wirtschaftspersonal die ganze Habe abnahmen. 4) Namentlich berüchtigt machte sich dabei ein Trupp von 25 Oberinntalern, welche ihr unsauberes Handwerk, wie einige sagten, unter Führung eines Telfser Metzgers, nach andern unter Anleitung Nikolaus Dietrichs von Nassereit zu treiben pflegten. Weder die ausgerückten Schützenhauptleute, noch die Innsbrucker Schutzdeputation hielt mit Äußerungen ihrer Entrüstung über solches Gebaren zurück. So meint der redliche Zangerl und der ihn als Volontär begleitende Richter Linser von Ried: „Der Nachklang in Bayern, dass dies Tiroler getan haben, ist für unsere Kompagnie, welche unschuldig ist, sehr nachteilig und schadet der sonst guten

1) Die Tiroler streiften bis Stuben. Amtsschreiber Fischer von Landeck und mehrere seiner Freunde schürten die Bewegung in Vorarlberg. Chron. v. Seefeld.
2) Vgl. auch Haggenmüller, Gesch. d. Stadt Kempten II, 354; Steichele, Bistum Augsburg p. 503 (in Bezug auf Pfronten).
3) Kirchensilber vom Schweiganger wurde noch 1810 in Telfs gefunden.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 350

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.