344 - Ordnung des Verteidigungswesens


Patsch. Diese Pfarre, seit sieben Jahrhunderten der Prämonstratenserabtei Wilten inkorporiert, wurde von Bayern dem Wehpriester Simon Köfler verliehen, der Chorherr Matthias Ribeser, welcher 26 Jahre als Seelsorger dort gewaltet hatte, war als Pensionär ins Stift versetzt worden. Jener galt dem Volke als Eindringling und erregte Anstoß mit seiner „bayrischen'' Gesinnung. An dem Tage, da Chasteler in Innsbruck einzog, wurde Köfler von einer Bauerneskorte nach der Hauptstadt abgeführt, der alte Ribeser aus dem Stift geholt und unter dem Jubel seiner Pfarrgemeinde derselben zurückgegeben. Chasteler verwies den gewaltsam Amovierten als Hilfspriester nach Kundl. 1)

Die Hauptsache blieb für den Kommandierenden die Ordnung der Landesverteidigung. An dem Tage (18. April), da die Besetzung Münchens durch die Kaiserlichen verkündet werden konnte, begrüßte eine Proklamation Chastelers die Tiroler als „teure Waffenbrüder", welche im Auftrag des Kaisers anzuführen sein Stolz sei. 2) Mit ihnen wollte er „leben, fechten oder sterben". In die Masse der Stürmer, welche sich in den vorausgegangenen Tagen so siegreich erwiesen hatte aber noch unorganisiert war, suchte er Ordnung zu bringen, indem er sie anwies, Bataillone mit je einer beigegebenen Schützenkompagnie zu bilden. In einzelnen Gerichten ließ er Pulvermagazine anlegen. Der erfolgreichen Intervention der ordnungsliebenden Elemente zwar volle Anerkennung zollend, mahnte der Marquis, die den Bürgern abgenommene Beute zurückzugeben. 3) Endlich warnte er noch vor leichtsinniger Verschwendung der Munition.

1) Bericht des Grafen Thürheim v. 5. April 1810. M. K. Danach sind die Daten bei Tinkhauser, Beschr. d. Diöz. Brixen IV, 949 und Juffinger, Kundl, p. 70 zu ergänzen. Köfler war 1807 — 08 in Burgeis, 1808 — 09 in Patsch. In Kundl traf Köfler in Pfarrer Pungg einen gesinnungsverwandten Priester. Vgl. ob. p. 273, Anm. 3.
2) Hormayr hat nicht so ganz unrecht, wenn er den geschwätzigen Aufruf seines Freundes hämisch glossiert. Darin werden z. B. auch die Tiroler gemahnt, ihre Piken unten mit Spitzen zu versehen, denn „diese dienen zum Steigen im Gebirge".
3) Wie es noch in den Tagen der Anwesenheit Chastelers in Innsbruck manchen bösartigen Rumor gab, berichtet Eberhöfer (Schatz a. a. O. p. 84.) Er setzt bei, wie durch die Bemühungen des Kapuziners Jakob Gepp und des P. Benitius Mayr die Leute zur Vernunft gebracht wurden.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 344

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.